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 Das ist ein Zeugnis, von welchem der Herr spricht: „daß du solches den Klugen und Weisen verborgen hast und hast es den Unmündigen geoffenbart, ja, Vater, also ist es wohlgefällig gewesen.“ (Matth. 11, 25 u. 26.) Dieses Bekenntnis des sterbenden Knäbleins ist mehr wert als die ganze Theologie der Orthodoxen und Modernen, wenn sie nicht leben unter dem Kreuze. Dieses Bekenntnis eines arbeits- und erträgnislosen Lebens ist größer, als alle Kirchenregierung, Kirchenbaupläne, Kirchengedanken, wenn das Herz nicht Jesum erwählte.

 In seinem Reiche unter ihm leben und ihm dienen. Ihm dienen, wann er will, wie er will, wo er will und womit er will. Will er, daß ich ihm mit meinem täglichen Abnehmen diene, mit der Hingabe von Kraft und Frische, mit der Darbietung und Darbringung all dessen, was ich mein Eigen zu nennen glaubte, so sei es recht. Und will er, daß noch einmal meine Kraft wiederkehrt und auf Jahre hinaus noch diese Kraft ihm diene, so ist es auch recht. Will er, daß ein gebrochenes Leben, wie dort das Weib das Salbengefäß zerbrach und die köstliche Narde auf ihn ausströmte, ihm diene, so sei es recht. Und will er, daß ein gehaltvolles Leben ihm diene, so sei er gepriesen.

 Wundersam! Ihm dienen in ewiger Gerechtigkeit, Unschuld und Seligkeit – jetzt und einst!

 „Jetzt bin ich sündig, der Erde zugeneigt, das hat mir bündig sein Heiliger Geist gezeigt.“ Immer wieder falle ich in die alte Sünde, immer wieder in den alten Wahn. Mein Tun ist verkehrt und meine Arbeit mißraten.

 Was muß das sein, wenn einmal ein Tag kommt, an dem es heißt: „jetzt kannst du ihm in ewiger Gerechtigkeit dienen. Fürchte nicht, daß noch einmal dein Fuß gleitet, dein Auge falsch sieht, dein Ohr falsch hört, deine Zunge falsch spricht; du bist frei!“ Darauf geht ja unser ganzes Verlangen.