Seite:Hermann von Bezzel - Der 2. Glaubensartikel.pdf/169

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

heißt es: „Jesus, hinfort wird er nicht mehr sterben, da er einmal gestorben ist.“ (Röm 6, 9.) Er hat die Gewalt des Todes, er lebt: nicht in dämmernder Form, die auch einmal vergeht und aufhört, nicht von meiner Erinnerung und von meinem Gedächtnis. Denn wenn er von meiner Erinnerung lebt, dann lebe nicht ich von ihm, sondern er von mir. Jesus lebt, und wenn ihn die ganze Gemeinde verleugnen würde, und die ganze Kirche von ihm abfallen müßte, und wenn alle Dome in den Staub sänken, und alle Kreuzesbilder aus der Erde gerissen würden, und alles, was Kunst, Poesie, Malerei, Musik, Sang, Klang und Farbe ihm zu Ehren erfunden und ersonnen hat, verbliche und vertonte: Jesus lebt! Er, der auf den Lobgesängen der Erhöhten thront, unter den Chören der Seligen triumphiert, auf dem Preis der armen Sünder, die jetzt im Heiligtum ihn als ihres Lebens Heiland feiern, herrscht, Jesus lebt! Wunderbarer Gott, der so mit Ironie die Feinde straft. Sie haben das Zeichen des Spottes und der Schmach aufgerichtet und haben Jesum daran erhöht; und nun ist das Zeichen der Schmach das Zeichen der Ehre geworden.

 Als im Jahre 1793 in Frankreich aller Glaube an Gott abgeschafft wurde, und die Göttin der Vernunft in Gestalt eines feilen Weibes auf dem Altar von Notre-Dame hingestellt ward, ging ein Priester an den Hochaltar und riß den Kruzifixus vom Kreuze und sprach: es genügt nicht, daß man den Tyrannen des Leibes, damit meinte er Louis XVI., hinrichtet, es muß auch der Tyrann der Seele zerschmettert werden. Und mit diesen Worten trat er das Bild des Gekreuzigten in den Schmutz. Das war im Jahre 1793. Und nach zwanzig Jahren gründete und stiftete Friedrich Wilhelm III., der edle Preußenkönig, das Zeichen des „Eisernen Kreuzes“. Er wußte keine größere Ehre für die Tapferkeit seiner Truppen und kein zarteres Erinnern an seine geliebte Gemahlin Luise, als das Zeichen des Kreuzes.