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der Welt verweisen, dann ist er so bitterlich allein. Niemand hat Zeit für ihn, niemand findet das rechte Wort für ihn, keine Stunde ist ihm geeignet, und kein Wort der Welt ist ihm hold. Er verliert sich in der Welt. Alleinsein ohne Gott, ohne Friede, ohne Gebet, – nur ein Abgrund, der uns vom Ewigen scheidet, und keine Brücke führt über den Abgrund hinüber; die Rückkehr in die Welt – so düster und trüb; der Fortschritt hinaus aus der Welt – so unsicher und schwindelnd. In der Welt allein sein, das ist das Los der Verlorenen. Niemand versteht sie mehr; die Menschen, die dich in deinen frohen Tagen verstehen wollten, ziehen fort, wenn die trüben Tage kommen. Die Bücher, die deine freudigen Tage erquickten, verstummen und werden dir fremd, wenn nun die Tage kommen, die dir nicht gefallen; und die Zerstreuungen, welche die Welt in wohlfeilem Betrug dir bietet, sind wie entblätterte und entlaubte Bäume, die ganz von allerlei wüsten Raupen bedeckt sind. Wie kann man ihrer sich in Leidenstagen getrösten? Man ist allein. So verliert man sich in der Welt und endlich mit der Welt. Die Welt vergeht mit ihrer Lust und mit ihrem Gefolge, und wer sich an der Welt irgendwie müde gelabt und den Tod geholt hat, der stirbt mit ihr. Plötzlich wandeln sich all die Lustgaben in Gift und all die Blüten in Verderben, und alle Sonnen verbleichen und alle Sterne versinken; denn die Welt geht jetzt zu Ende. Mit der Welt verloren sein, was heißt das? Ich bin ein verlorener Mensch, das heißt, niemand kümmert sich um mich, ich muß mich allein um mich kümmern; das heißt, daß niemand für mich betet, niemand an mich denkt, niemand um mich sich sorgt, daß ich keinem Menschen eine unruhige Minute verursache, daß kein Mensch mir nachsieht, wie ich langsam im Abgrund verschwinde, daß ich keinem Menschen das Herz rühre, wenn ich zerschlagen und aus tausend Wunden blutend am Wege liege – keinem Menschen und auch keinem Gott: das heißt verloren sein. Verloren sein, und doch zum Leben