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 So nahe ist die triumphierende Gnade an die Allmacht herangerückt, daß sie sagen darf: ich vermag alles! So nahe ist die Allmacht zur Gnade herangekommen, daß sie sprechen mag: ich verzeihe alles! So innig ist die schöpferische Allmacht und die erlösende Gnade miteinander eins geworden, einig geworden um einen Groschen zum Tagelohn – und dieser Groschen ist deine und meine Seele. Das ist der Preis der Allmacht-Arbeit, das ist der Lohn des Gnaden-Werkes, das ist der Ertrag einer vieltausendjährigen Geschichte – daß ein Mensch Gottes sei vollkommen. Oder, wenn du so willst, mein Christ: daß ein irrender, fehlender, tastender Mensch ein einziges Wort mit vier Buchstaben aus tiefstem Seelengrunde sprechen kann: heim!

Ich war verirrt und lief verblendet,
Ich suchte dich und fand dich nicht.
Ich hatte mich von dir gewendet
Und liebte das geschaffne Licht.
Nun aber ist’s durch dich gescheh’n,
Daß ich dich hab erseh’n!

 Das ist das dürftige, ärmliche, klägliche Ergebnis des Streites der Allmacht mit der Gnade.

 Sitzend zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters! Höher kann es nicht gehen, als daß meine arme Seele, die manchem Menschen schwer ist und mir selbst am meisten, Jesu eine Freude und seinem Vater ein Glück bezeichnet. Höher, reicher, reiner kann die Selbstlosigkeit ihre Dornenpfade nicht mehr beschreiten, denn daß am Ende eine Seele, die es nicht wert, daß die Sonne sie beschien, das Wort hören und auf sich beziehen und es einlösen darf: sie ist daheim!

 Die meisten Menschen wissen gar nicht, was sie mit dem Wort: Mittleramt, Fürbitteramt anfangen sollen. Ihr seid mit so vielen Lehrsätzen, die ihr nie innerlich erfahren habt,