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welchem Zusammenhange sie geschrieben wurden, so bleiben sie stumm. Und manch einer spricht davon: „wer hier eintritt, laß alle Hoffnung fahren!“ und ist dann sehr verwundert, wenn er vernimmt, das Wort sei von Dante. So lösen sich Begriffe und Ideen von den Menschen ab.

 Aber unser Herr und Heiland wirkt als der Gegenwärtige und Lebendige. Denn das, was er auf Erden einst in der Niedrigkeit tat, tut er jetzt noch in der Majestät der Herrlichkeit. Jetzt noch heilt er dich, jetzt noch tröstet er dich, heute noch spricht er zu dir. Er ist einmal gestorben, gewiß, aber dieses „Einmal“ gilt allen nachdrängenden und nachwachsenden Geschlechtern. „Er vertritt uns“, sagt der Apostel (Röm. 8, 34), indem er auf der einen Seite Gott dem Herrn die erlöste Menschheit darbietet, auf der andern Seite die Menschheit erlöst.

 Und ein Anderes: alle die großen Dichter und Denker wirken nur auf einen gewissen Raum, nur in gewissen Seelen, unter gewissen Vorbedingungen. Aber der Herr Christus wirkt allenthalben: „siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ (Matth. 28, 20.) „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ (Matth. 28, 18.) Er erfüllt alles. Es kann einer wohl selig sterben, der nie Schiller oder Goethe verstanden hat. Es kann einer wohl im Frieden seines Gottes scheiden, der nie von Shakespeare las oder hörte. Und ihr werdet wohl zugeben, daß einer die ewige Heimat erreichen kann, ohne daß er je etwas von Dante gewußt hat. Aber ohne Jesum, ohne sein Kreuz und seine Treue, ohne seine Gnade – und wenn es gleich nur der Saum der Gnade gewesen wäre, den der Sterbende erfaßt und ans lechzende Herz drückt – kann niemand heimkommen. Denn das Fortwirken Jesu ist ein persönliches, ein in ewiger Lebensfrische sich immer wieder vollziehendes.

 Ich, erhöhet von der Erde, will jedem Geschlecht neu werden. Jeder Mensch, der auf die Erde