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II.

 Ich bin das Licht der Welt! Seht, wenn Jesus auferstanden wäre um seinetwillen, und wenn er jetzt im ewigen Leben wäre um seinetwillen, und wenn er jetzt zur Rechten der Majestät säße um seinetwillen, was wäre es für uns? Wir würden vielleicht sagen: „Du kannst gut reden vom Leid, es ist ja vorüber. Du magst viel sprechen von der Sünde, dich ängstet sie nicht mehr. Du hast das deine für dich, dein Feierabend ist angebrochen, wir aber stehen im Kampfe und wissen nicht, wie er geraten wird.“ Im Gegenteil, es schliche in unsere Seele etwas wie Neid und Mißtrauen: „Du hast es überwunden, wir aber sind um deinetwillen im Streite“; denn, wieviel glücklicher wären wir – ich rede töricht – wenn wir Jesum nicht hätten! Wie viele Kämpfe wären mir erspart, wenn ich nie etwas von Jesus gehört hätte! Mit wie vielen Streitfragen, mit wie vielen Zweifelsnöten, mit wie vielen Einreden, Einwänden, Gegensätzen, leidigen Erfahrungen müßte ich mich nicht quälen, wenn ich nicht Jesu Diener wäre! Wie oft sagt die Seele: „hätte ich nie etwas von ihm erfahren, so wäre mein Leben vielleicht nicht lichter, aber leichter.“ Wenn solche Gedanken kommen – und solche Gedanken haben auch ihr Recht – dann merkt man: ja, er ist ja nicht gen Himmel gefahren um seinetwillen, sondern um meinetwillen. Er ist jetzt daheim, damit ich eine Heimat hätte; er sitzt jetzt zur Rechten der Majestät in der Höhe, damit ich wüßte, wohin ich gehöre. Wenn in Jesu Leben, in seinem leidenden und in seinem triumphierenden Leben, in seiner Niedrigkeit und in seiner Auferstehung nur ein einziges Moment wäre, wo er nur an sich gedacht hätte, so wäre er an einer Stelle seines Lebens von der Selbstsucht verwundet, und diese eine Stelle wäre meinem Seufzen unzugänglich. Nun aber steht von der Krippe bis zum Kreuze, vom Kreuze bis zur Krone, von der Krone bis zu seiner einstigen Wiederkunft nur ein Wort: für dich! Ja, mein Christ,