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II.

 Gemeinde des Herrn! Nun laß mich dich fragen: „was wäre es, wenn er nicht auferstanden wäre?“ Denn das müssen wir fragen in einer Welt, da die einen mit Gewalt ihn ins Grab wieder zurücklegen wollen, und die andern mit Lächeln über unserm schwachen Glauben, der an Jesum sich hält, sich hinwegwenden.

 Was wäre es, wenn Jesus nicht auferstanden wäre? Dann wäre zum ersten die ganze Predigt der Kirche vergeblich, ja ich gehe weiter und sage: sie wäre verbrecherisch. Dann hätte ein Knecht Jesu Christi, der jetzt über 25 Jahre das Wort vom Kreuz verkündigt, sich selbst so lange betrogen, bis er die eherne Stirne und den eisernen Mut gefunden hätte, euch zu betrügen. Dann hätte unsereines so lange sich künstlich in eine Begeisterung hineingesteigert und mühselig in einen Glauben hineingequält, der doch nichts ist. Und die Kanzeln wären Stätten bewußter oder unbewußter Lüge, und die Kirchen wären ein Sammelort bezahlter Heuchler. Wenn Christus nicht auferstanden ist, dann ist unsere Predigt vergeblich; denn wir predigen vom Leben, während er im Grabe zerfallen ist, sein Staub in alle Winde verstreut. Wir leben von einer Kirche, die auf das offene Grab sich aufbaut, und unserer Kirche Grund- und Eckstein ist der abgewälzte Grabstein Jesu: und der Stein ist doch nicht weggewälzt. Wir predigen, daß das Leben das gewaltigste sei und sagen uns selbst: nein, das Nichts, der Tod, des Lebens Verneinung, das ist das einzig Bleibende und Gewisse.

 Und noch mehr. Unsere Predigt wäre dann nicht nur vergeblich, weil sie von einem Phantom lebte, das einmal war, weil sie von einem Gespenst sich leiten ließe, statt sich vom Lebensfürsten tragen zu lassen. Unsere Predigt wäre nicht nur vergeblich, sie wäre auch verbrecherisch. Denn wir wären, wir Knechte Jesu seit