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Lebendiger, sondern das Leben. Er hat den Knechtesleib getragen, aber in der Glorie des Siegers; er hat den Menschenleib an sich gehabt, aber in der Majestät der paradiesischen Schöne; keine Miene war mehr vom Schmerz bewegt, kein Blick mehr von der Wehmut getrübt, kein Einziges mehr, daß sich irgendwie seiner Kraft hemmend in den Weg stellte, sondern in der Fülle der Gottheit hat er die Menschheit bereichert, erfüllt und verklärt, und in der Echtheit der Menschheit hat er die Gottheit verwirklicht und bezeugt. Ganz Mensch, der da mit den Seinen das Brot brach nach seiner Auferstehung, ganz Mensch, der am jenseitigen Ufer stand und dem Petrus das Herz schwellen ließ, daß er sich ins Wasser warf, Jesus entgegen; denn „es ist der Herr!“ (Joh. 21, 7.) Ganz Mensch, da er dem tastenden Zweifler in seine Nägelmale die Finger, und seine Hand in seine Seite bergen und legen ließ. (Joh. 20, 27.) Ganz Mensch, und dabei doch Gott: „rühre mich nicht an!“ (Joh. 20, 17.) Ganz Mensch, so daß das arme, schwache Weib meint, es sei der Gärtner – ganz Gott, so daß sie untereinander sagen: „brannte nicht unser Herz!“ (Luk. 24, 32.) Ganz Mensch, daß die Jünger von Emmaus sagen: „bleibe bei uns, denn es will Abend werden!“ (Luk. 24, 29) – ganz Gott, der durch verschlossene Türen einkehrt und aus verschlossenen Türen wieder scheidet. (Joh. 20, 19.)

 Jesus ist am dritten Tage wieder auferstanden! Das ist Gottes Bekenntnis nicht nur zu seinem Sohne, sondern zu all dem, was leben, bleiben und ewig regieren will, daß das Leben dennoch auferstehen muß, daß alles, was es vergehen und enden läßt, was es herniederzwingt, nur zur Förderung wahren Lebens gereichen soll. Je größer die Steine, mit denen man es beschwert, je fester die Siegel, die man aufs Grab prägt, desto machtvoller werden die Steine weggewälzt und die Siegel gesprengt und des Todes Gewalt verbannt und vertrieben werden; denn das Leben hat das letzte Wort.