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 Solches redet Jesus ins Herz der Jünger bis auf diesen Tag, und die es hören, danken für diesen starken Trost. Wo die Angst sich regt, fliehen sie, um stark zu sein, in die Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist, ihrem Herrn, in ihm erschienen und von ihm bezeugt. Dann aber richtet der Herr seine Augen ganz der Heimat zu, die er auf eine kleine Zeit verlassen hatte, der seine Liebe und ihr Werk gehört. Das erste Wort, das von ihm aufbehalten ist, war vom Vater. Je fremder alles um ihn war, desto mehr gedachte er des Vaters; als das Wort an ihn kam „vom suchenden und trauernden Vater“, Luk. 2, 48, erwachte die Erinnerung an den rechten Vater in der Heimat, dem er nachging und anhing, diente und lebte, litt und starb, zu dem er begehrte und der ihn erhörte. Vater ist auch das letzte Wort. Ohne den Vater wäre der Himmel ihm so leer wie die Erde, die er jetzt verlassen will, mit dem Vater war er auch auf ihr nicht allein. Nun soll der Vater Zeugnis geben, ob der Sohn wahr geredet und recht getan, die Welt überwunden und den Sieg behalten hat. Das Bekenntnis des Siegers genügt ihm nicht, es soll das Gebet des Sohnes dazu treten, daß der Vater das Werk ansehe und bewährt erfinde. Denn nur Er weiß, was Sieg und Vollendung, Reife und Abschluß bedeutet. Menschen sehen, was vor Augen ist und darum Jesu Werk unfertig, ja zerfallend. Da ist kein Glanz und Ruhm, sondern Abnahme und Niedergang. Aber wie das Wort des Glaubens den Sieg bekennt, so wird der wahrhaftige Gott den Sieg aussprechen mitten in der Finsternis und die Herzen der Mutlosen stärken: Weint nicht, es hat überwunden der Löwe aus dem Stamme Juda.

 Deine Knechte wissen nur das eine Wort: Vater, auf dich schauen sie, daß du sie in der Angst tröstest und Freude hören lässest, wenn Angst nahe ist. Der du das Werk deines lieben Sohnes gnädig angesehen hast, bezeuge unsern Herzen seine Siege und deine Ehre ihren Kindern, daß der Feind nicht unser mächtig und die Verzagtheit in uns stark werde. Denn du bist unsre Stärke und unsre Hoffnung und in Jesu Christo unser wahrer Vater.


Vater, die Stunde ist hier, daß du deinen Sohn verklärest, auf daß dich dein Sohn auch verkläre.

 Die Ruhe des guten Gewissens läßt den Herrn nicht nur bitten, sondern fordern, wie im 24. Verse dieses Gebets noch deutlicher zutage tritt. Sonst hat er seine Stunde ganz in die Hand des Vaters gestellt und aus ihr genommen, ja von der weltvollendenden gesagt, daß er sie nicht wisse, jetzt zeigt er mit eigner Hand dem Vater die Stunde, weil er alles im Geiste vollbrachte und bald in Wirklichkeit vollbracht haben wird, was ihm der Vater aufgetragen hat. Die Stunde ist gekommen, so spricht der siegreiche Glaube, der alles vollbracht sieht, ja dann am meisten, wenn er am wenigsten sieht. Was sichtbar ist, bleibt Stückwerk, während die Vollendung so groß