Seite:Hermann von Bezzel - Betrachtungen über das Hohepriesterliche Gebet.pdf/18

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

 Ehe die Welt vor Gott war, ja ehe der Gedanke an sie in ihm lebte, war der Sohn allezeit bei ihm. Und so will er, wenn er nun die Welt verläßt, das alte Leben, bereichert nur durch die Erfahrungen in ihr und aus ihr. Was wäre dem Sohne eine Herrlichkeit ferne von dem Vater? Was bedeutet ihm alle Ehre der Welt, los von Gott? Wie könnte ihm der Dank aller Erlösten einen Willkommengruß des Vaters aufwiegen?

 „Wenn ich nur dich habe“ das Wort des alttestamentlichen Gebets ist in seiner Vollendung im Herzen und auf den Lippen Jesu, der die Welt verläßt, um zum Vater zu gehen. Heimat, Herrlichkeit und Heiligkeit, alles, was groß und schön und wahr und teuer ist, faßt sich ihm in das eine Wort zusammen: bei dir.

 Wir dürfen ja mit unsren Wünschen nie an die des heiligen Gottessohnes uns angleichen, und doch geht aus dem zu Gott und für ihn geschaffenen Herzen, das schließlich ein Gedanke Gottes und dessen einziger Gedanke Gott ist, die flehentliche Bitte empor, bei ihm zu sein.

 Die Einzelwünsche, die Sonderanliegen, die Menge der Sorgen und die Not der Sünden, der Verfehlungen und Versäumnisse – alle Bitte um Vergebung und alle Reue klingen in der Bitte zusammen, nicht ohne Gott das Leben auf Erden enden, in der Vollendungszeit anheben zu müssen.

 „Verkläre mich bei dir!“ Eine kurze und doch die alles umschließende Bitte des enteilenden Lebens, das Verlangen nach seinem wahren und bleibenden Werte.

 Mit dieser Bitte um Herrlichkeit in der Heimat beschließt der Hohepriester das kurze Gebet für sich und seine Anliegen, endet der getreue Haushalter und Herr über Gottes Geheimnisse seine Rechenschaft. Der Gehorsam hat alles vollbracht, die Liebe alles gelitten, die Sehnsucht nur Eines und in diesem Einen alles erbeten: dem Heimweh die Heimat, dem Dienste den Dank als Antwort auf seine Völligkeit.


Ich habe deinen Namen offenbart den Menschen, die du mir von der Welt gegeben hast.

 Nun beginnt das Gebet der hohepriesterlichen Fürsprache, die Nächsten wie die Fernsten, die Herbeigebrachten und die Herbeizubringenden umfassend, ein Gebet, das Gottes Herz erreicht und erweicht, aber auch erstürmt, mehr ein Handeln mit dem Vater, weit hinaus über jenes Markten des gläubigen Abraham, eine gewisse Zuversicht des, das man hofft, und ungezweifelte Überzeugtheit von dem, das Jesus nicht sieht.

 Das Gebet berücksichtigt mit wenigen Worten alle Verhältnisse der Seinen, die gegenwärtigen, ihr Werden und Heranreifen aus vergangenen und vergebenen, die zukünftigen, wie sie überall hinaus