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Wenn es aber von dem Leben aus Gott beherrscht und erfüllt ist, bringt es Freude am Großen und Rechten in die Herzen hinein, in die Welt hinaus, heiligt es das öffentliche Leben und wäre es nur ein Zeugnis dagegen: Es ist nicht recht. – Es tröstet die Traurigen mit der Unmittelbarkeit der Gewißheit, daß Jesus unser Friede ist, und ermutigt die Verzagten durch das Bekenntnis der Tatsache und des Erlebnisses vom Siege des Herrn, es bezeugt den endlichen und ewigen Triumph des Heiligen allen Herzen, die um dessen Los bekümmert sind. Denn Jesus gibt aus seiner Kraft das Wort von ihm. So ganz von ihm erfüllt und stark in Christo geht das Wort nicht geduldet, nicht bedrängt und gedrückt, sondern voll guter Zuversicht durch die Welt, daß sie noch einmal ganz Gottes und Christi werde.

 Ewiges Leben ist Ruhen und Tun in gleichem Grade. Es ruht in der stillen und starken Gewißheit, daß wenn Gott für uns ist, niemand wider uns sein kann, und wirkt aus dieser alle Feinde verachtenden und zerstreuenden Zuversicht gegen alle Macht und Gewalt des Todes. Die Ruhe des Lebens ist Tat, und die Tat des Lebens Ruhe. Jene birgt sich in Gott, und diese bezeugt ihn durch ihre Gelassenheit.

 Welche Größe liegt in der Gabe Jesu, der allen alles gibt und nie verarmt. Ich gebe ihnen das ewige Leben, so spricht der, in welchem alle Fülle ist, der sich nie ausgibt und nie in die Sorge kommt, sich ausgeben zu müssen, der wie das Meer alles zurücknimmt, was er aussandte, alle Geschenke und alle mit ihnen Bedachten wieder zurückempfängt, nicht weil er sie braucht, sondern weil sie es wollen, um ihm danken zu können. Ich – ihnen: das sind die größten Gegensätze, die Heiligkeit und Sünde, Allmacht und Ohnmacht, Licht und Dunkel bezeichnen, einzig durch ein Wort zusammengeschlossen, das aus dem Meere des Reichtums in die Welt der Armut hinüberleitet: Ich gebe. Wie der Sohn alles vom Vater empfangen hat, um es zu geben, so darf jeder vom Sohne alles erwarten, der nicht vom Geben, sondern im Geben und durchs Geben lebt und seiner Gemeinde das Wort hinterlassen hat, daß Geben seliger sei als Nehmen. Reichtum für sich ist Armut durch sich. Aber die Armut für andere wird zum Reichtum im Eignen.

 Solche Grundwahrheiten der Ewigkeit vertragen es, eine kleine Weile verdüstert und verkürzt zu werden, treten hinter der grauen trüben Gegenwart zurück, ja sie erscheinen wie Unglaubhaftigkeiten.

 Aber dann treten sie licht und groß hervor. Ewiges Leben ist die Kraft, die Gabe, die Freude der Liebe, die nie aufhören kann. Denn in Gott wohnt es und von ihm kommt es, er aber ist die Liebe. Und diese Liebe verklärt den Sohn, dem und in dem sie sich gibt, und wird von ihm verklärt, der liebt, indem er leidet, und leidet, weil er liebt, der auch da gibt, wo die Empfänger die Gabe verschmähen, so lange er hoffen kann, daß sie doch zu ihr sich wenden.

 Wenn die Seele nur recht in dieser Gabe der Liebe und des