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Nec temere nec timide, nicht unbedacht, aber unverzagt, „war die Losung des Mannes, der mit ewigen Wirklichkeiten umging, nicht pompös, sondern mit aller Ehrfurcht“. Weil ihm Gott und seine Nähe Tatsache, Lebenskraft und Bestand war, darum wußte er sich von ihm beschützt und in ihm geborgen, aber auch nur ihm verantwortlich.

 Mit Gebet, wie ein Mann mit seinem Freunde redet, hat er sein Haus gebaut und es zu einer Heimat ernster Zucht und frommer Sitte erhoben, daß von ihm kein blendender Glanz, aber ein milder heimatlicher Schein ausging, der es den Insassen friedlich und den Fremden anziehend machte. Seine Ämter hat er durch den ständigen und stetigen Umgang mit Gott innerlich geheiligt, daß auch das Unscheinbarste ihm wichtig genug und das Schwerste nicht zu bitter war. Weil er wußte, daß „je krümmer der Sinn sei, desto mehr Schritte die Geradheit des Heilands durchmache“, ging er stets und in allen Fragen mit Gott zu Rate, hielt aber auch daran fest, daß „die über andere gesetzt sind, oft etwas tun müssen, dazu sie sattsam Grund haben und doch deswegen über sich räsonnieren lassen“. Ihm lag es am Herzen, mit den Leuten säuberlich zu verfahren, und darum erreichte er in dem bescheidenen Amte das Größte, was ein Mensch dem andern schenken kann, Vertrauen, und in seinem letzten kirchenregimentlichen, das die einen als unnütz unterschätzen, die andern als herrlich begehren, daß sein Gewissen unverletzt blieb. Sein Ahne von Mutterseite, Johann Valentin Andreä, hatte das Kirchenaufsichtsamt als eines gekennzeichnet, in dem es weder gelinge, etwas Gutes zu fördern, noch etwas Schlimmes zu verhindern. Er aber hat durch Fürbitte und Vorbild genützt und Segen gestiftet, im übrigen aber es mit dem alten Meister gehalten: multo tutius est stare in subjectione quam in praelatura.[1]

 Durch das Gebet, das bei seinem Freunde Ötinger immer ernsteste Anstrengung, bei ihm „natürlichste Regung und Bewegung“ war, konnte er Angst und Not überwinden, wenn sie in Anfechtung und Sorge ihm nahten, aus dem Munde eines Klosterschülers den gemeinen Christentrost,


  1. viel sicherer ist es in niedrigem Stand als obenan zu stehen.
Empfohlene Zitierweise:
Hermann von Bezzel: Albrecht Bengel. Verlag der Evang. Gesellschaft, Stuttgart 1916, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Albrecht_Bengel.pdf/9&oldid=- (Version vom 9.9.2016)