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Ich muß es mir versagen, nachzuweisen, worin der äußere Gehorsam gegen das Bekenntnis und die völlige Emanzipation von ihm innerlich sich berühren, nur darauf will ich den Finger legen, daß in der Abneigung gegen das klare Bekenntnis zur Autorität des Bibelwortes, in der Betonung der Diesseitigkeit, in der Verherrlichung der Werkerei beide sich finden. Daß über den angstvollen Zeiten der großen Trübsal die kleine Herde nur das Eine erfleht, bis ans Ende beharrlich erfunden zu werden, weissagt das letzte Buch des Neuen Testaments, das die hoffende Gemeinde und ihren himmlischen Geleitsmann in dem Gebete einig zeigt: Ja, komm, Herr Jesu! In eine, vielleicht die letzte Stunde der Weltgeschichte eingetreten, schaut die heilige Gottesgemeinde, der aus Gnaden durch Wirrnis und Abfall bewahrte Rest, von einer Morgenwache bis zur andern auf die Zeichen und Zeiten, welche ihrem Herrn den Weg bereiten, und obwohl sie weiß, daß er verziehen kann, vielleicht noch will, wird sie nicht müde, auf sein Licht zu achten und auf die anschwellenden Stimmen der Mitternacht: Siehe, der Bräutigam kommt. – Es ist nicht not, daß wir in Träumen schwelgen, welche, statt zur Buße zu führen, „empfindliche Süßigkeit“ gewähren, nichts nütze, Zeit und Stunde, die selbst der Sohn nicht weiß, auszuklügeln, aber auf die Kraftfülle der Irrtümer, des Götzen Wissenschaftlichkeit und ihrer freien Forschung, der persönlichen Überzeugung, der Fortbildung der Religion, der weltoffnen Orientierung gilt es zu achten, auf die Gewalt der widerchristlichen Menschenvergötterung und Menschenverachtung, auf die Rückkehr der Kirche zu ihren kleinen Anfängen, und die Sorge muß man haben, zu der kleinen armen Schar zu gehören, die nicht Kirchenbaupläne und Kirchenpolitik ersinnt und treibt, sondern, ob sie daheim ist oder walle, dar nach trachtet, daß sie ihm wohlgefalle.

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 VI. Ein letzter Dank gelte dem Erzieher Bengel, der uns zu Joh. 21, 16 das schöne Wort gelassen hat, der Hirte solle zumeist der Alten gedenken, weil bei ihnen am wenigsten Zeit zu verlieren sei, und der Kinder, denn von ihnen sei die meiste Frucht zu erwarten. Er rät dem Lehrer, wie ein Schiff zu sein, das unbeweglich sei, während die angekettete Barke noch im Sturme der Wellen schwanke. Feste Grundsätze

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Hermann von Bezzel: Albrecht Bengel. Verlag der Evang. Gesellschaft, Stuttgart 1916, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Albrecht_Bengel.pdf/17&oldid=- (Version vom 9.9.2016)