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acht, ob nicht der König von Frankreich Deutscher Kaiser wird.“ Und Franz von Österreich legte 1806 die Kaiserkrone nieder, und Napoleon I. ward zwar nicht Deutscher Kaiser, aber doch Kaiser in deutschen Landen. Ernster und ein dringender werden die Worte, welche auf die Zeit des „Denkglaubens“ hinweisen, der zu denken glaubt und zu glauben denkt und zu beiden gleich unfähig ist, daß ernste Bücher wenig gesucht und auch die heiligsten Wahrheiten nur beachtet werden, wenn sie in gefälliger, leichter Form erscheinen. Dann werden auch die alten Karten unbrauchbar werden, der Globus wird ein neues Bild bekommen, Leute aber, die den Grund des christlichen Glaubens mit der Feder umreißen, werden unterstützt werden. Skeptizismus und Naturalismus und Romanismus werden „gegen den Artikel vom Heiligen Geist streiten. Der von Christo geht auf die Neige, und der Artikel von der Schöpfung hängt nur noch an einem Fäserlein“. Ist es nicht so gekommen? Zuerst Leugnung des persönlichen Heiligen Geistes, der zuerst in eine Kraft, dann in eine Regung verflüchtigt ward, dann Bestreitung der Göttlichkeit, der reinen Menschlichkeit, der Fehllosigkeit, ja der Persönlichkeit Jesu Christi, jetzt in dem trunkenen Pantheismus, in dem selbstversunkenen Monismus die Bezweifelung des persönlichen Gottes, der schließlich mit der Welt ganz vereinerleit wird. Alle Irrtümer sind frei, wenn sie nur anmutig vorgetragen werden. Die Art, Böses zu tun, muß zur Kunst werden, dann wird sie von den Zeitungen gepriesen. „Was wird die Lehre vom Inneren Wort Unheil anrichten, wenn erst die Philosophen darüberkommen.“ Den Mangel an Vertrauen auf Gegebenes und Geoffenbartes, die Zuversicht zu eignen Gedanken, die Ausscheidung des Übersinnlichen aus dem Gedankenleben – alles hat Bengel klar vorausgesagt. Wie ein Prophet entwirft er ein Bild unserer Tage mit schweren, nächtigen Zügen. Der Romanismus, gegen den man vergeblich durch Einziehung des Kirchenguts, durch wissenschaftliche Bestreitung aus kirchengeschichtlichen Erwägungen heraus – ich erinnere an unsern Döllinger, Ihren Hefele – angehen wird, soll neuerlich blühen und mit dem Nationalismus, so entfernt dieser von jenem zu sein scheint, sich verbünden. Luther würde zu beiden sagen: merus enthusiasmus, eitel Schwärmerei!

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Hermann von Bezzel: Albrecht Bengel. Verlag der Evang. Gesellschaft, Stuttgart 1916, Seite 14. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hermann_von_Bezzel_-_Albrecht_Bengel.pdf/16&oldid=- (Version vom 9.9.2016)