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nicht bekannt ist, wo er seinen letzten Wohnsitz gehabt hat, ferner das Gericht, in dessen Bezirk sich Vermögen des Beklagten oder der mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstand befindet.

Auswahl zwischen Straf- und Zivilprozeß.

Aus obiger Gegenüberstellung ergibt sich, daß das Strafverfahren dem Zivilverfahren entschieden vorzuziehen ist. Nicht nur, daß durch das Strafverfahren eine wirksamere und schnellere Sühne zu erlangen ist, ohne daß der Antragsteller, wie im Zivilprozeß, dem Gericht und Rechtsanwalt oft bedeutende Kostenvorschüsse zahlen muß, hat auch die Staatsanwaltschaft durch ihre öffentliche Stellung in den Anträgen auf sofortige verantwortliche Vernehmung des Beschuldigten, Durchsuchung, Beschlagnahme, ungleich kräftigere Mittel zur Ermittelung der Wahrheit, als der Kläger im Zivilprozeß. Und selbst wenn nach geschlossener Voruntersuchung sich kein hinreichender Verdacht zur Erhebung der öffentlichen Anklage ergibt, so hat die Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft doch meistens dem Antragsteller die kostenlose Aufklärung gebracht, ob die Verfolgung im Zivilprozeß noch Aussicht hat.

Die Fälle, in denen das Strafverfahren nicht zulässig, die Verfolgung im Zivilprozeß aber noch möglich ist, sind folgende:

1. Wenn der Täter nur fahrlässig gehandelt hat.
2. Wenn ihn auch keine Fahrlässigkeit trifft, also nur objektiv eine Rechtswidrigkeit begangen ist; in diesem Falle haftet er nur bis zur Höhe seiner Bereicherung.
3. Wenn die dreimonatliche Frist zum Strafantrag abgelaufen ist.
4. Wenn der strafrechtlich Verfolgte stirbt, bevor das Strafverfahren gegen ihn rechtskräftig beendet ist.
5. Wenn der Verletzte stirbt, bevor er den Strafantrag stellte.
6. Wenn der Verletzte zum Antrag auf Vernichtung die Privatklage wählte und vor Rechtskraft des Privatklageverfahrens stirbt.
7. Wenn im Strafverfahren kein Antrag auf Zahlung einer Buße gestellt oder der gestellte Antrag zurückgenommen oder völlig abgewiesen ist.

Schließlich sei noch hervorgehoben, daß das Straf- und Zivilverfahren voneinander unabhängig sind und beide gleichzeitig anhängig gemacht werden können.

Das Strafverfahren unterbricht weder die dreijährige Verjährung der Entschädigungsklage, noch die 30jährige Verjährung der Bereicherungsklage und ebensowenig unterbricht die Zivilklage die Verjährung des Strafverfahrens.