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Ein Sachverständiger fällt also kein Urteil über den schwebenden Rechtsstreit, sondern gibt nur ein Gutachten ab über ihm vorgelegte technische Fragen; auch ist das Gericht an die Ausführungen des Sachverständigen nicht gebunden, es kann weitere Sachverständige vernehmen und, im Falle mehrere Gutachten sich nicht decken, ohne Rücksicht auf die Majorität der Sachverständigen sich seine Ansicht bilden. Naturgemäß spielen die Sachverständigen auch in den Angelegenheiten der bildenden Künste eine große Rolle.

Nach § 31 des Urhebergesetzes an Schriftwerken usw. vom 11. Juni 1870 sollten aus Gelehrten, Schriftstellern, Buchhändlern und anderen geeigneten Personen Sachverständigenvereine gebildet werden, um solche gerichtliche Gutachten abzugeben. Die Bildung dieser Sachverständigenvereine blieb den einzelnen Bundesstaaten überlassen.

Diesem ähnlich bestimmte auch das Gesetz, betreffend das Urheberrecht an den Werken der bildenden Künste vom 9. Januar 1876, in § 16, Nr. 2, daß solche Sachverständigenvereine aus Künstlern verschiedener Kunstzweige, Kunsthändlern, Kunstgewerbetreibenden und aus anderen Kunstverständigen bestehen. Auf Grund § 42 des neuen Urhebergesetzes an den Werken der Literatur und der Tonkunst vom 19. Mai 1901 ist nun durch Erlaß des Reichskanzlers vom 13. September 1901 für jeden Bundesstaat die Bildung einer literarischen Sachverständigenkammer und einer musikalischen Sachverständigenkammer vorgeschrieben worden; die bisher bestehenden Sachverständigenvereine erhielten also nur einen neuen Titel.

Aber zur Bildung einer Sachverständigenkammer für die bildenden Künste ist es nie gekommen, trotzdem sich die Organe zur Vertretung der Künstlerinteressen darüber beschwert haben, so die „Werkstatt der Kunst“ (1. Jahrgang Heft 3, Seite 39). Der Reichskanzler hat am 10. Mai 1907 Bestimmungen über die Zusammensetzung und den Geschäftsbetrieb der Sachverständigenkammern erlassen. (Abgedruckt in Jahrgang VI, S. 523 der „Werkstatt der Kunst“.) Danach sollen in jedem Bundesstaate für die bildenden Künste und für die Photographie gesondert je eine Sachverständigenkammer von mindestens 7 Mitgliedern gebildet werden, die von der Landeszentralbehörde zu ernennen und gerichtlich zu beeiden sind. Wird ein Gutachten eingeholt, so ernennt der Vorsitzende einen oder zwei Berichterstatter; diese legen ein schriftliches Votum vor; die Beschlußfassung der Kammer erfolgt darauf nach mündlicher Beratung mit Stimmenmehrheit; bei Stimmengleichheit gibt der Vorsitzende den Ausschlag. An der Beschlußfassung müssen mindestens 5 Mitglieder teilnehmen. Für jeden Fall der Begutachtung kann die Kammer 30–300 Mark Gebühren erheben. In Preußen soll die Zusammensetzung der Kammern (also Zahl und Namen der Vorsitzenden, Mitglieder und Stellvertreter) im Januarheft des Zentralblattes für die gesamte Unterrichtsverwaltung