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ist die Zuziehung von Arbeitskräften die Regel, und in der Baukunst besteht die Arbeit des Urhebers nur im Entwerfen und Leiten der Arbeiten, die von Handwerkern (Steinmetzen, Maurern, Zimmerleuten usw.) ausgeführt werden. Urheber bleibt man andererseits auch, wenn man das Werk in einem Dienstverhältnis geschaffen hat. Die entgegenstehende Bestimmung des § 2 des Geschmacksmustergesetzes ist nicht analog anzuwenden.

§ 2. Die Erzeugnisse des Kunstgewerbes gehören zu den Werken der bildenden Künste. Das Gleiche gilt von Bauwerken, soweit sie künstlerische Zwecke verfolgen.
Als Werke der bildenden Künste gelten auch Entwürfe für Erzeugnisse des Kunstgewerbes sowie für Bauwerke der im Absatz 1 bezeichneten Art.

Das Kunstgewerbe.

Bei der hohen Entwickelung, welche die angewandte Kunst in den letzten Jahren genommen hat, war es erforderlich, die Erzeugnisse der Baukunst und des Kunstgewerbes der freien Kunst gleichzustellen.

Wie die Motive zum Gesetz hervorheben, wird nicht durch jede bildnerische Verzierung ein gewerblicher Gegenstand zu einem Erzeugnis des Kunstgewerbes, sondern es muß, wie es in den oben angeführten Urteilen des Reichsgerichts betont ist, eine individuelle Tätigkeit mit künstlerischen Mitteln eine das ästhetische Gefühl anregende Form bilden. Fehlt es hieran, so hat man es nicht mit einem Erzeugnis des Kunstgewerbes zu tun, sondern nur mit einem gewerblichen Muster oder Modell, das man nur auf Grund des Geschmacksmustergesetzes vom 11. Januar 1876 vor Nachahmungen schützen kann. Näheres siehe Seite 52.

Die Baukunst.

Noch deutlicher als durch den Ausdruck Kunstgewerbe hebt das Gesetz das Erfordernis der künstlerischen Leistung bei der Baukunst hervor.

Bauwerke gehören zu den Werken der bildenden Künste nur, soweit sie künstlerische Zwecke verfolgen. Also nicht geschützt werden zweckmäßige Einrichtungen eines Bauwerkes, wie Heizanlagen, Speiseaufzüge oder andere bautechnische Eigentümlichkeiten eines Neubaues.

Geschützt wird nur der künstlerische Stil des Bauwerks, z. B. einer Fassade, eines Portals, Gitters, Erkers. Das künstlerischen Zwecken dienende Bauwerk darf weder durch Photographie, noch durch Zeichnung oder Malerei wiedergegeben noch nachgebaut, das heißt durch Aufführung eines Neubaues in demselben Kunststil nachgeahmt werden.