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rheinischen Samt- und Seidenindustrie, in deren Bezirk der Unterzeichnete wohnt. Wenn je eine Industrie geeignet ist, von der Kunst befruchtet zu werden, so ist es die Seidenindustrie; und man sollte glauben, sie beschäftige ein Heer von akademisch gebildeten Künstlern, die immer neue phantasievolle Dessins für Kleider und Möbelstoffe schaffen. Statt dessen beschaffen sich die meisten Fabrikanten ihre Muster auf viel einfachere Art. Sie abonnieren bei Pariser Firmen, die darin ein schwunghaftes Geschäft machen, auf den monatlichen Bezug von Textilmustern, oder beziehen diese Muster als Mitglieder von Vereinen, die zwar nur die Aufgabe haben, den Geschmack ihrer Mitglieder zu bilden, aber das Gegenteil bewirken, wenn die Mitglieder die ihnen periodisch zugehenden Muster nicht studieren, sondern durch abhängige, knapp honorierte Musterzeichner ohne künstlerische Vorbildung einfach kopieren lassen.

Damit erklärt sich auch die auffallend geringe Zahl von Anmeldungen zum Musterschutz beim Amtsgerichte; denn wo kein neues Muster erfunden wird, gibts auch nichts einzutragen.

Auf diesem Gebiete gibt es also sowohl für die deutsche Kunst, wie für die Industrie noch viel zu tun, und ich erkläre im voraus, daß ich Anfragen und Anregungen seitens Künstlern oder Juristen gerne beantworten und berücksichtigen werde.

Krefeld, im Februar 1908.

 

Justizrat Dr. jur. Drathen,
Rechtsanwalt.