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eigenthümliche Bildung mich immer an das Volkslied erinnert:

Es steht eine Tann im tiefen Thal,
Ist unten breit und oben schmahl.

Sonst ist das Bild ziemlich getroffen, sehr ähnlich; doch diese Aehnlichkeit entdeckte ich erst, als ich den König selbst gesehen. Das scheint mir bedenklich, sehr bedenklich für den Werth der ganzen Schefferschen Portraitmalerei. Die Portraitmaler lassen sich nämlich in zwei Klassen eintheilen. Die einen haben das wunderbare Talent, gerade diejenigen Züge aufzufassen und hinzumalen, die auch dem fremden Beschauer eine Idee von dem darzustellenden Gesichte geben, so daß er den Charakter des unbekannten Originals gleich begreift und letzteren, sobald er dessen ansichtig wird, gleich wieder erkennt. Bey den alten Meistern, vornämlich bey Holbein, Tizian und Vandyk finden wir solche Weise, und in ihren Portraiten frappirt uns jene Unmittelbarkeit, die uns die Aehnlichkeit derselben

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Heinrich Heine: Der Salon. Erster Band. Hoffmann und Campe, Hamburg 1834, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heine_Der_Salon_1.pdf/40&oldid=- (Version vom 1.8.2018)