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Die katholische Kirche, die einst auch den übrigen Künsten eine solche Mutter war, ist jezt verarmt und selber hülflos. Jeder Maler malt jezt auf eigene Hand und für eigene Rechnung; die Tageslaune, die Grille der Geldreichen oder des eigenen müßigen Herzens gibt ihm den Stoff, die Palette gibt ihm die glänzendsten Farben, und die Leinwand ist geduldig. Dazu kommt noch, daß jezt bei den französischen Malern die mißverstandene Romantik grassirt, und, nach ihrem Hauptprincip, jeder sich bestrebt, ganz anders, als die Anderen, zu malen, oder wie die cursirende Redensart heißt: seine Eigenthümlichkeit hervortreten zu lassen. Welche Bilder hierdurch manchmal zum Vorschein kommen, läßt sich leicht errathen.

Da die Franzosen jedenfalls viel gesunde Vernunft besitzen, so haben sie das Verfehlte immer richtig beurtheilt, das wahrhaft Eigenthümliche leicht erkannt, und aus einem bunten Meer von Gemälden die wahrhaften Perlen leicht herausgefunden.

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Heinrich Heine: Der Salon. Erster Band. Hoffmann und Campe, Hamburg 1834, Seite 5. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Heine_Der_Salon_1.pdf/29&oldid=- (Version vom 1.8.2018)