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Lage der Zeughausbesatzung in ihrer Abgeschnittenheit war trotz des abgeschlagenen Sturms allmählich schwierig geworden; Lebensmittelmangel und falsche Gerüchte erschütterten die Zuverlässigkeit der Leute. Deshalb schloß, um erneuten Angriffen vorzubeugen, der Zeughauskommandant am 4. Mai mit dem Unterhändler der provisorischen Regierung Advokat Marschall von Bieberstein eine Übereinkunft ab, nach der das Zeughaus als neutraler Boden halb von Militär und halb von Kommunalgarde bewacht werden sollte. Ein Ansinnen des Kommandanten Heinze, Kanonen auszuliefern, wurde aber auf das entschiedenste zurückgewiesen. Kommunalgarde besetzte, freilich in geringer Stärke, der Übereinkunft gemäß den äußeren Hof. Auch in diesem Falle konnte sie glauben, für Bewahrung der Ruhe eingesetzt zu sein. Vor dem anrückenden militärischen Entsatz zog sie sich am nächsten Tag eilig zurück. Von da ab hört man im weiteren Verlauf des Kampfes nichts mehr von der Kommunalgarde.

Während der ganzen Bewegung der Maitage war die Kommunalgarde zwiespältig und unentschieden. Kein Wunder: man muß immer daran denken, daß diese Bürgerwehr nur die Bürgerschaft in Waffen war; und wie die Bürgerschaft von Parteigegensätzen zerrissen war, so war es natürlich auch die Bürgerwehr. Zwei Seelen lebten in ihrer Brust: sie wußte nicht, sollte sie den Aufstand bekämpfen oder sich ihm anschließen, und tat daher keines von beidem. Dazu kam: beides „lag den friedfertigen, mehr auf ein geduldiges Ertragen gerichteten Anschauungen und Lebensgewohnheiten der meisten ihrer Mitglieder ganz ebenso fern“. Der diese Worte schrieb (Röckel), drückte damit nur etwas bissig die allgemeine Wahrheit aus, daß Tat und Entschluß aus eigenem heraus eben nicht gerade Sache des friedlichen Bürgertums oder der Masse überhaupt ist. Die Losungen, die in dieser bewaffneten Bürgerschaft noch die meiste Geltung gewinnen konnten, waren: bewaffnete Neutralität und Schutz der Ordnung. Wenn aber die letztere Losung nicht eine bloße Redensart bleiben sollte, so mußte sie die Kommunalgarde gegen den Aufstand an die Seite des Militärs führen. Denn wer die Ordnung gestört, konnte niemandem zweifelhaft sein. Und Neutralität, wenn auch noch so bewaffnet, war in einem solchen Ringen feindlichster Gegensätze hart auf hart einfach undenkbar. Wer sich da nicht entscheidet, wird zerrieben. Die Neutralität wurde also auch hier