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aber er wurde diesmal nicht von Soldaten, sondern von Gesindel aus der Umgegend ausgeübt. Dasselbe benutzte jede Gelegenheit, um in die zum größten Theil noch verlassenen Gebäude einzudringen und alles, was die Krieger etwa noch verschont, an sich zu nehmen[1]. Selbst die Todten blieben nicht verschont. „Einen armen Franzosen traf ich“, erzählt Baumann, „in Strohbucht gehüllt, auf dem großen Saal sterbend. Er flehte und bat um Rettung; ich konnte ihm nichts reichen als einen Trunk Wasser, den ich in einem Scherben schöpfte. „Befiehl dem Herrn deine Seele und stirb!“ - mit diesen Worten verließ ich den Aermsten. Den Tag darauf wollte ich ihm eine Erquickung bringen, aber der Tod hatte sich schon seiner erbarmt, jedoch auch das fürchterlichste Raubthier, Mensch genannt, in seiner Raubsucht ihn ausgezogen; entblößt lag der Leichnam vor mir“[2]. In den Gebäuden wurden übrigens noch 3 todte Franzosen gefunden.

Im Dorfe Plauen hatten sich verhältnißmäßig noch immer nur wenige Bewohner wieder eingefunden; die Verhältnisse erschienen eben Vielen noch zu wenig geordnet. Die noch nicht Zurückgekehrten ersparten sich allerdings bei den bis zum Ende des Jahres zeitweilig stattfindenden Truppendurchzügen manche Unruhe, wie dies folgender Fall beweist. In einer Nacht des December donnerte es an die Thüren von Reisewitz. Fenster klirrten, Getöse, Getrappel, verworrene Stimmen ertönten und schreckten Baumann und seine Angehörigen vom Lager auf. Fast 300 Mann russischer Landwehr hatten das Haus umzingelt. Der größte Theil derselben begab sich, nachdem man sich einige Stückchen Licht erzwungen, nach den benachbarten Gebäuden; der letzte Trupp verlangte Einlaß. Baumann öffnete und etwa 40 bärtige Soldaten traten ein. Bald wurde es im Hause lebendig, aber in furchtbarer Weise. Weder Knute noch Versprechungen konnten diese rohe Menschen während ihres 5 tägigen Aufenthaltes von allerhand Verwüstungen abhalten. Ganze Treppen, Thüren, Fenster, kurz alles, was der Krieg etwa noch verschont hatte, wurden herausgerissen und damit die in den Zimmern auf den Dielen brennenden Wachtfeuer gespeist. Nur die höchste Aufmerksamkeit und die Anstrengungen der Baumann'schen Familienglieder, die in Kochtöpfen fast 3 Tage lang aus der Weißritz Wasser zutrugen, verhinderten es, daß der Rest der noch stehenden Gebäude nicht auch noch in Flammen aufging. Mit dem Weggang dieser Russen endete nun auch für Plauen, wenigstens auf das Jahr 1813, die Kriegsnoth[3]. -

Wie sah es nun aber am Jahresschlusse im Dorfe aus? Etwa 10 größere Gebäude lagen gänzlich in Asche; nämlich zufolge der am 9. Decbr. 1813 im Auftrage des Bürgermeisters Heyme vorgenommenen Localbesichtigung

1) bei der verw. Christine Leuteritz das Seitengebäude mit Stall;
  1. Baumann, S. 144, 145.
  2. Ebenda S. 145.
  3. Ebenda S. 148-152.