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Bei solchen Plünderungszügen suchten sie nicht selten durch gemeine List ihre Beute zu vermehren. In Plauen hatte ein französischer Soldat den wohlhabendsten Bauern gerathen, ihr noch vorhandenes Vieh in die Hofmühle zu schaffen, um es vor einer möglichen Wegführung durch die in Dresden lagernden Truppen zu schützen. Die geängsteten Landleute befolgten den scheinbar so wohlgemeinten Rath, und am andern Morgen holten sich die Herren Franzosen 34 Stück Rinder in der Hofmühle ab[1]. Das war allerdings leichter, als das Vieh erst in den einzelnen Gehöften aufsuchen zu müssen!

Ende Septbr. lagen 500 Mann alter Garde im Garten zu Reisewitz im Bivouac. Jeden Morgen zogen die Soldaten aus mit Wagen, Sensen, Beilen und raubten von Feldern und aus Scheunen, was noch zu rauben war. Später kam dieselbe Artilleriegarde, die schon im Mai dagewesen war, auf Reisewitz wieder in Quartier. Die Gebäude wurden gedrängt voll, der Train nebst Pferden lagerte im Garten, und erwärmte sich in den Nächten an der Flamme der Wachtfeuer. Diesmal zeigten sich die französischen Soldaten im Ganzen viel bescheidener, warfen nicht mehr die Speisen unter den Tisch, sondern erklärten sich jetzt zufrieden, wenn sie sich ihr Essen in der Küche selbst bereiten durften. Ja, manche Soldaten bezahlten sogar, froh darüber, daß sie für Geld noch etwas bekommen konnten. Es waren freilich 8 schwere Tage, während welcher die Franzosen auf Reisewitz aus- und eingingen. In der Nähe erbauten sie mittlerweile Baracken, wozu leider auch dem Oeconomiepachter von Reisewitz 40 Schock - schreibe vierzig Schock – gefüllter Garben weggenommen wurden[2].

Als Napoleon mit dem König von Sachsen den 7. Octbr. Dresden verlassen, wurde dieses bald wieder von den Russen heimgesucht. Bei Nöthnitz und Kaitz hatten sich Franzosen festgesetzt, um die von dorther anrückenden Russen aufzuhalten; erstere zogen sich jedoch, nachdem sie noch ihre in der dortigen Gegend erbauten Baracken in Brand gesteckt, in die Stadt zurück. Am nächsten Tage (12. Octbr.) zeigten sich Kosaken in Plauen, und gegen Abend strömte auch russische Infanterie in den Ort, nahm auch von Reisewitz Besitz. Die Offiziere erkundigten sich, ob Franzosen da wären, und verlangten, da dieses verneint wurde, eine gute Bewirthung, die ihnen jedoch nicht gewährt werden konnte, da es an jeglichen Vorräthen gebrach. Nachdem sie sich durch den Augenschein von der Wahrheit dieses Umstandes überzeugt, brachten sie selbst eine Hammelkeule und bereiteten sie zu. Bereits früh 4 Uhr am nächsten Morgen (den 13. Octbr.) wurde es lebendig im Dorfe; die Posten mußten sich möglichst geräuschlos aufstellen und die Kosaken schwärmten auf den Feldern umher. Kaum war es Tag, als auch die Franzosen sich dem Orte näherten und es zwischen ihnen und den Russen zu einem Gefecht kam. Wieder handelte es sich hauptsächlich um den

  1. Baumann, S. 106, Anmerkung.
  2. Baumann, S. 98, 99.