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sind wir der Meinung, daß Baumann als thätiger Augenzeuge bei den zuletzt erzählten Begebenheiten eine größere Glaubwürdigkeit verdient als Aster, der sein Buch erst drei Jahrzehnte nach den in Frage stehenden Kriegsereignissen veröffentlichte und daher trotz der größten Sorgfalt in der Auswahl seiner Notizen auch einmal etwas Unrichtiges bringen konnte, ohne daß er wußte.

Die Nacht vom 25. auf den 26. August verging ruhig, aber am nächsten Morgen kam es auf der ganzen Linie der Verbündeten mit den Franzosen zu Gefechten, die den auf den Nachmittag festgesetzten Hauptangriff vorbereiten sollten. Um 9 Uhr brachen auch die im Dorfe und auf Reisewitz lagernden Oesterreicher mit einem: Gott mit uns! auf[1] und drangen gegen die Stadt vor, wobei es ihnen glückte, sich des Feldschlößchens zu bemächtigen. Zwar versuchten die Franzosen, es wieder zu nehmen, es gelang ihnen aber ebensowenig, als den Oesterreichern, die an Stelle der jetzigen Blindenanstalt befindliche und vom Feinde besetzte Schanze in ihre Gewalt zu bekommen. Kaiser Alexander, der versprochenermaßen am Vormittag um 11 Uhr auf der hinter Räcknitz gelegenen Höhe angelangt war, verfolgte von hier aus die Kämpfe, welche am Ziegelschlage, am Großen Garten und zwischen Falken- und Freiberger Schlag zwischen Franzosen, Russen, Preußen und Oesterreichern stattfanden, bemerkte aber auch die auf der Bautzner Straße zum Entsatze Dresdens unter Napoleon ankommenden französischen Truppen. Zwar wurde deshalb, da die Verbündeten einer früheren Bestimmung zufolge, eine Schlacht mit Napoleon vermeiden wollten, die Frage eines jetzt noch leicht ausführbaren und dabei auch vortheilhaften Rückzuges von den leitenden Persönlichkeiten mehrfach erörtert, aber verschiedene Zufälle, sowie die vom König von Preußen geltend gemachte Ansicht, erst den Degen zu ziehen, ehe man weiche, ließen die beabsichtigten Anordnungen nicht zur Ausführung kommen. Vielmehr zeigte sich am Nachmittag zwischen 2 und 3 Uhr bei den Oesterreichern auf der Höhe zwischen Räcknitz und Plauen eine lebhafte Bewegung, die auf einen baldigen Angriff schließen ließ. Napoleon begab sich deshalb in die Nähe des Feldschlößchens. Als er erfuhr, daß dieses sich in den Händen der Österreicher befände, ertheilte er Befehl, ein Bataillon möge es stürmen; es geschah, doch vermochten die Franzosen, die den Feind schon verdrängt hatten, sich nicht zu behaupten, da dieser verstärkt heranrückte[2].

Während sich dies vor der Stadt zutrug, hatten sich aus Reisewitz die meisten der noch vorhandenen wenigen Bewohner in den Keller und hinter die dicksten Mauern geflüchtet und erwarteten mit Angst die kommenden Dinge. Vor der Hand passirte nichts weiter, als daß wiederholt österreichische Soldaten in das Vorwerk kamen, an Lebensmitteln nahmen, was sie fanden, als aber alles aufgezehrt war, schließlich

  1. Baumann, S. 71.
  2. Aster, S. 190.