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23. August von Coschütz her vorgedrungenen Kosaken hätten sich nach dem Ueberfall der Plauischen Besatzung und der Hinwegnahme einer Anzahl Mäntel und anderer Montirungsstücke wieder zurückgezogen, auch am andern Tage trotz der Besitzergreifung von Strehlen, Zschertnitz und Räcknitz Plauen mit einem ernstlichen Angriffe noch verschont. Nachdem am 25. August das Oberdorf von Oesterreichern besetzt worden, das Unterdorf mit dem Reisewitz'schen Grundstücke aber noch in den Händen der polnischen Uhlanen verblieben sei, wäre es erst am Morgen des nächsten Tages (den 26.) gelungen, letztere aus ihren Stellungen zu vertreiben und nach der Stadt zurückzudrängen. War der Sachverhalt wirklich so, daß nämlich ein Theil Plauens nebst Reisewitz bis zum 26. August sich im Besitz der Polen befand, wie konnte dann das geschehen, was Baumann, der Wirth des genannten Vergnügungsortes vom Abend des 25. August in seinem Buche ausführlich berichtet? Wir geben seine Mittheilungen in Kürze wieder. Am Abende des letzterwähnten Tages erschienen auf Reisewitz verschiedene österreichische Offiziere und verlangten vom Wirthe Getränke, Weine, gekochte und ungekochte Speisen, jedoch mit der Bestimmung, die gewünschten Gegenstände gegen Bezahlung ins kaiserliche Hauptquartier zu überbringen. Auf dem „Hohen Stein“ nämlich hatte Fürst von Schwarzenberg sein Lager aufgeschlagen. In fast einstündiger Unterredung wurde hier Baumann nach den verschiedensten Dingen ausgefragt, doch schien es den österreichischen Oberfeldherrn zu befriedigen, als der Gefragte erklärte, „daß er bei seiner besten patriotischen Gesinnung nicht im Stande wäre, befriedigende Auskunft geben zu können, da ungegründete falsche Aussagen vielleicht mehr Schaden als Nutzen bewirken möchten“. Noch während der Unterredung in dem fürstlichen Zelt erschien der Kaiser Alexander, um mit Schwarzenberg zu sprechen. Als der Kaiser, während dessen Anwesenheit Baumann hatte abtreten müssen, sich entfernt, wurde letzterer wieder zum Feldmarschall gerufen und gefragt, „ob er sich wohl getraue, die Beköstigung desselben zu übernehmen, da er morgen sein Hauptquartier nach Plauen verlegen würde.“ Natürlich bejahte Baumann diese Frage, wünschte aber, daß ihm dazu die Lebensmittel roh geliefert werden möchten. Abends langten mehr als 300 österreichische Soldaten auf Reisewitz an, die sich im großen Garten neben die angezündeten Wachtfeuer lagerten. Der diese Truppe befehligende Offizier trat in das Haus und erklärte dem Wirthe: „Sie müssen schaffen! Wir werden nicht plündern, nichts rauben, aber gebet, was Ihr habet; wir müssen es haben; dies fordert die eiserne Nothwendigkeit des Krieges“. Da der Oeconomiepachter das Schlachtvieh, der Bäcker das Brot, der Wirth Baumann andere Lebensmittel und Getränke lieferten, so wurden aus den Feinden bald gute Freunde[1].

Bei den einander entgegenstehenden Angaben zweier Schriftsteller

  1. Baumann, S. 66-70.