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mit der Vertreibung der Russen endigte. Die Sieger strömten nun in hellen Haufen in die verschiedenen Gehöfte des Dorfes wie in das Reisewitz'sche Grundstück, wo man nach vollbrachter Arbeit sich gütlich thun wollte. Baumann erzählt über die nun beginnende Thätigkeit der Angekommenen: „Erbrochen wurden Thüren und Schlösser, und der nicht ganz unbedeutende Weinkeller war der Plünderung erster Gegenstand. Dann zogen die Unbarmherzigen her über Alles, was zur Leibesnahrung und Nothdurft gehörte; nichts blieb verschont, nichts ununtersucht.“ Die Soldaten drangen auch in das Zimmer, in welchem Baumanns Frau in Folge der Ueberanstrengungen und Schrecknisse der letzten Zeit krank zu Bett lag. „Du krank? Nicht gut, aber wir viel Hunger haben“! Die arme Frau musste wirklich ihr Lager verlassen und die letzten 2 hausbackenen Brote holen, welche die Franzosen sofort theilten. Einer der überall umherspionirenden Soldaten entdeckte eine gefüllte Flasche, mit der er, beglückt über seinen Fund, eiligst entwich. Ob er wohl von dem Inhalte viel getrunken hat? Man muß es fast bezweifeln, denn es war statt des gehofften Liqueurs Fliegengift in der Flasche. Die plündernden Truppen nahmen eben alles, so daß der arme Vater am Abende nicht einmal mehr soviel besaß, um seinen Kindern ein Stück Brot reichen zu können. Glücklicherweise gelang es, am Spätabend noch ein Brot in einer Mühle des Plauischen Grundes aufzutreiben[1].

So, wie auf Reisewitz, ging es natürlich auch in den übrigen Häusern Plauens zu; der Ort erfuhr eine vollständige Ausplünderung. Zwar blieben die schlimmen Gäste nur wenige Stunden da, aber mit ihrem Scheiden schwanden für das Dorf die Schrecken keineswegs, denn schon am nächsten Tage erschien hier zahlreiche französische Einquartierung, die das Plündern ebenso trefflich verstand als die Vorgänger. Bald war von den Ankömmlingen eine Art Verkaufsbazar eingerichtet. Auf einer langen Tafel lagen alle die Gegenstände in bunter Reihe da, die man in Plauen wie in den Nachbardörfern zusammengeraubt: Predigergewänder, Altarbekleidungen, daneben Weiberröcke, seidene Tücher, Kleidungsstücke von Männern, Bettüberzüge, Uhren, Spazierstöcke und viele andere Sachen. Für billige Preise wurde das geraubte Gut losgeschlagen, und es fanden sich viele Käufer[2].

Am 11. Mai kam französische Artillerie-Garde nach Plauen und in die umliegenden Dörfer in Quartier. Die Felder mit den vielversprechenden jungen Saaten waren bald vollständig zertreten, denn 30 Kanonen und Munitionswagen nahmen darauf Platz, und die Feldschmieden wurden aufgeschlagen. „Wo sonst der Lerche Gesang ertönte, da wieherte jetzt das Roß, erklang der Ambos, erschallte das sacre nom de Dieu!“ Nach Reisewitz kamen ein Brigadecommandeur, 4 Offiziere und 40 Gemeine zu liegen, eine schwere Last für den Wirth Baumann,

  1. Baumann, S. 35-37
  2. Ebenda S. 37, 38.