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     Der Besuch des Königs blieb aus, dagegen passierten am 13. August desselben Jahres der spätere König Friedrich Wilhelm Ⅳ. von Preußen und ein Großfürst von Rußland, beide mit ihren Gemahlinnen, den Oberharz. Sie kamen von Osterode und fuhren nach einem halbstündigen Aufenthalt im Zehntgebäude, während dessen nur die Pferde gewechselt wurden, nach Goslar weiter. Im folgenden Jahre wurde, hauptsächlich mit Rücksicht auf die durch den Wassermangel herbeigeführte Erwerbslosigkeit einer großen Anzahl von Harzarbeitern der Bau der Straße von Clausthal bis Osterode fortgesetzt und 1824 vollendet.

     So hatte man von Norden nach Süden quer über den Oberharz eine zusammenhängende Verbindung, die sich in Osterode an die von Nordhausen am Harzrande herziehende Thüringer Handelsstraße und an die von Duderstadt kommende Nürnberger oder Augsburger Straße anschloß. An dieser Hauptstraße, der heutigen „alten Chaussee“, die eine Länge von rund 25 Kilometer hat, lagen drei Weghäuser mit Schlagbäumen: am Auerhahn, bei der Erbprinzentanne vor Zellerfeld und am Heiligenstock. Erst wenn der Fuhrmann das vorgeschriebene Chausseegeld entrichtet hatte, ging der Schlagbaum in die Höhe und gestattete freie Durchfahrt.

     Im Jahre 1822 wurde auch die schöne Fahrstraße von Clausthal über den Bruchberg nach St. Andreasberg gebaut, die bei der Stieglißecke eine Höhe von 810 Meter zu überwinden hat. Statt der steileren Straße über die Schluft wählte man später den Weg über den Sonnenberg. Vom Sonnenberg ab, wo ein Weghaus mit einem Schlagbaum stand, wurde die Verbindung über den Oderteichdamm nach Braunlage und Elbingerode weitergeführt, nachdem auch die Braunschweigische Regierung 1830 die für den ganzen Verkehr zwischen Braunschweig, Nordhausen und Thüringen sehr wichtige Straße von Harzburg über Torfhaus nach Braunlage hatte anlegen lassen, welche stellenweise den alten Raiserweg benußt.

     Von der Bruchbergstraße zweigen ab beim Dammhause die Straße über Altenau ins Okertal und die Straße über Kammschlacken-Riefensbeek nach Osterode, bei der Stieglitzecke die sogenannte Ackerchaussee, die aus forstwirtschaftlichen Zwecken immer auf der Höhe bleibt, von der sich aber wieder 3 Straßen trennen, welche in südlicher Richtung in die Ebene laufen, und am östlichen Abhange des Bruchberges die Straße über Sieber nach Herzberg. Von St. Andreasberg geht die wichtigste Straße über das Okertal bis Lauterberg und Zoll, von der sich beim Oberhause die Straße nach Braunlage abzweigt.

     Schon längst hatte man angefangen, die Straßen durch die Täler des Harzes zur Hochebene zu führen, wobei oft längere Schlangenwindungen nicht zu umgehen waren. So betrieb der 1836 verstorbene Berghauptmann von Rteden, der sich eifrig mit dem Wegebau beschäftigte, schon früh die Anlage ber Innerstestraße, welche in erster Linie der Koksanfuhr nach der Silberhütte von Lautenthal und Clausthal dienen sollte.

     Sie folgt dem Flusse fast vom Anfang bis zu ihrem Ende, kreuzt bei Langelsheim die von Goslar kommende Kommunionstraße, die für die Unterharzer Hütten angelegt war, und läuft bis zur Eisenhütte Kunigunde, wo sie in die Goslar–Hildesheimer Chaussee eintritt. Oberhalb Wildemann wurde später von der Innerstechaussee die Straße nach Bad Grund über den Bauersberg abgezweigt. Sie übersteigt den hohen Talrand der Innerste und erreicht in Serpentinen das Tal von Grund und Gittelde.

     Die „Alte Chaussee“ von Goslar nach Osterode war noch zum Teil unzweckmäßig angelegt und hatte ganz unverhältnismäßige Steigungen von 10–14% zu überwinden. Auf Anordnung Königs Ernst August von Hannover, der einst diese Straße herausfuhr, erhielt sie in den Jahren 1817–1851 eine neue Linienführung, wobei durch Schlangenwindungen die Steigung vermindert und durch zweckmäßigen Umbau und besseren Ausbau eine bequeme Fahrstraße geschaffen wurde. Sie läuft aus dem tiefen waldigen Gosetale über die Clausthaler Hochebene in das enge Lerbacher Tal, in dem sie auf ziemlich ebener Bahn die Stadt Osterode erreicht.

     Im wildromantischen Okertal wurde im Jahre 1857 eine neue, treffliche Fahrstraße mit Abzweigung durch das tiefe waldige Schulenberger Tal gebaut. Von den später angelegten Oberharzer Straßen sind die von Clausthal nach Altenau und dem Torfhause, von Zellerfeld nach Schulenberg, sowie die von der Clausthal–Goslarschen Chaussee abgezweigte kleine Straße nach Bockswiese-Hahnenklee bis Lautenthal und von Lautenthal nach Seesen besonders wichtig geworden.

     Heute wird unser Oberharz nach allen Richtungen von schönen und mühelos zu befahrenden Kunststraßen durchzogen, die mit den vielen Forststraßen und Waldwegen ein Straßennetz bilden, wie man es nicht in allen Teilen unseres Vaterlandes findet. Die Straßen sind jetzt fast alle mit einer festen Asphaltdecke überzogen und bieten mit ihren blanken Flächen eine angenehme Fahrbahn.

     Die schönste Harzstraße aber wird die Autostraße werden, die von Münchehof bis Bad Grund bereits fertiggestellt ist. Der Bau erfolgt durch Mittel des Arbeitsbeschaffungsprogrammes. Die neue Straße erhält Anschluß an die Verkehrsstraße von Bad Grund nach Clausthal und schafft von Westen her einen doppelten Aufschluß in den Oberharz und weiter in den Südharz.



Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender 1940. Piepersche Buchdruckerei, Clausthal 1939, Seite 46. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1940_049.png&oldid=- (Version vom 9.7.2022)