Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Schaltjahr 1932 | |
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WS: Werbung nicht transkribiert.
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Viele schwere und schmerzhafte Erkrankungen sind
die Folge kleiner Risse oder Splitterverletzungen, die
oft nicht beachtet oder unsachgemäß behandelt werden.
Täglich werden Fälle gemeldet, in denen solche geringfügigen
Verletzungen zur Vereiterung geführt haben
und dann häufig die Versteifung von Fingergelenken,
den Verlust von Fingern oder der ganzen Hand, des
Armes oder gar den Tod zur Folge haben. Vielfach
kann nicht festgestellt werden, ob derartige Verletzungen
bei der Arbeit oder außerhalb des Betriebes stattgefunden
haben. Dann kann dem Verletzten keine
Entschädigung für einen schweren Verlust an Erwerbsfähigkeit,
Frau und Kindern keine Hinterbliebenenrente
gewährt werden. Aber auch keine Rente
kann den Körperschaden wieder gut machen oder den
Ernährer ersetzen. Ein gesunder Körper ist mehr wert
als jede Rente.
Darum achtet auch auf die kleinste Verletzung, die die heimtückischste sein kann, und merkt euch folgendes:
1. Wunden nicht berühren.
2. Wurden nicht auswaschen. Auch die schmutzigste nicht! Auch nicht mit sogenannten Wundwässern wie Karbol, Sublimatlösung, Bleiwasser oder essigsaurer Tonerde. Jedes Auswaschen schadet!
3. Abgequetschte Teile, Hautfetzen, hängende Fingernägel nicht selbst abreißen oder abschneiden. Blutgerinnsel nicht abwischen. Eingedrungene Splitter oder andere Fremdkörper nicht selbst entfernen. Etwa aus der Wunde vorstehende Knochen, vorliegende Sehnen oder vorfallende Eingeweide nicht berühren oder gar zurückzubringen versuchen.
4. Niemals Heftpflaster, Watte, Putzwolle, altes Leinen oder gar das Taschentuch auf eine Wunde legen.
5. Hört nie auf den Rat „kluger“ alter Weiber und ähnlicher falscher Sachverständiger, die euch raten, frische Wunden in Seifenwasser zu baden, Lehm, Spinnweb, gekautes Brot, Zwiebeln, Kuhmist oder ähnliches auf die Wunden zu legen. Es kann euer Tod sein! Ihr Aufgeklärteren glaubt vielleicht nicht, daß es so etwas noch gibt, aber seid versichert, das gibt es noch, wir warnen aus Erfahrung.
1. Wendet euch mit jeder – auch der kleinsten – Wunde, wenn irgend möglich, sofort an den Heilgehilfen; er wird euch, wenn nötig, auch an den Arzt verweisen.
2. Ganz oberflächliche Wunden (Rißwunden u. dgl.) werden mit Jod betupft (5proz. alkohol. Jodlösung) und mit einem Stück keimfreien Verbandstoffes bedeckt, das mit Heftpflaster festgelegt wird. Darüber nötigenfalls einen Lederfingerling. – Bei größeren Wunden bestreicht der Heilgehilfe nur die Umgebung der Wunde mit Jodlösung. Dadurch wird das Eindringen von Eitererregern verhütet. (Das bei der Jodbehandlung anfangs auftretende Brennen schadet nichts und hört bald wieder auf.) Dann wird die Wunde mit keimfreiem Verbandstoff verbunden. Verbandpäckchen mit aufgedruckter Gebrauchsanweisung sind in jedem Betrieb vorhanden.
3. Geht rechtzeitig zum Arzt! Bei größeren Verletzungen natürlich sofort, bei anfangs unscheinbaren, wenn der Schmerz in der Wunde oder dem verletzten Körperteil in den der Verletzung folgenden Stunden und Tagen, anstatt schwächer, stärker wird, wenn die Wunde und ihre Umgebung zu brennen anfangen oder hier ein Gefühl der Schwellung oder des Klopfens eintritt, oder wenn ihr merkt, daß die Wundumgebung sich rötet. Dann ist es hohe Zeit, zum Arzt zu gehen! Wenn aber gar in der Nachbarschaft der Wunde sich rote Streifen in der Haut bilden, wenn in der Nähe der Gelenke Schmerzen auftreten und die Drüsen anschwellen, wenn ihr euch matt und elend fühlt und es euch bald heiß, bald kalt ist, dann verliert keine Minute, eilt zum Arzte, und wenn es mitten in der Nacht ist, denn ihr seid in größter Gefahr!
Fürchtet euch nicht vor dem Arzte! Glaubt nicht, daß er „gerne schneidet“ oder „gleich schneidet“. Er schneidet nur, wenn er muß. Aber auch vor dem Schneiden braucht ihr euch nicht zu fürchten. Jeder Arzt kann und muß heutzutage etwa notwendig werdende operative Eingriffe schmerzlos ausführen.
Habt Vertrauen zum Arzt! So gut ihr auf die Dauer nur bestehen könnt, wenn ihr gute Arbeit verrichtet, so ist auch nur sein Ziel, das Beste zu leisten und euch damit zu helfen.
Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Schaltjahr 1932. Piepersche Buchdruckerei, Clausthal 1932, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1932.pdf/67&oldid=- (Version vom 2.11.2019)