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mit großen Freuden ergriffen, dabei mit noch eigener Hülfe und Zuziehunge des andern aus diesem engen Loche mit Abscheurung seiner Hand und Abschürfung von denen Schultern sich hindurchgezwungen und also aus seinem elenden Behältniße endlich erlöset worden, nachdem er vom 20. abends zwischen 6 und 7 Uhr an bis den 26. Oktober eben bis zu solcher Zeit und also 6 volle Tage und Nächte unter der Erde vergraben gewesen.

     Als nun dieser Mensch solchergestalt wieder hervorgebracht, hat man ihn in einer elenden und erbärmlichen Gestalt gesehen, indem er nicht alleine wegen des damals eben zufallenden vielen regen Wasser in stetigem Schlamm und Drecke gelegen, besondern auch dabei nichts anders als nur das bloße Hemd auf dem Leibe gehabt, wodurch er denn ganz verfroren und in denen Beinen bereits kein Leben gefühlet.

     Inzwischen ehe man diesen armen Menschen wieder zu Tage ausbrachte, mußte er erst auf dem Stollen sich etwas Lufts erholen, wobei er dann von einem anwerenden Medico mit einigen Spiritus und Eingebunge etwas wenigen reinschen Weines erquicket den Stollen hinausgeführet und hiernächst in zugebundenen Betten in Begleitunge derer Anwesenden bey abend Zeit nacher Lauterberg gebracht wurde.

     Seinen Zustand während seiner unglücklichen Behaliniße betreffend, hat selbiger nach wieder verhohlten Kräften ausgesaget, daß er sich nach wahrgenommenen Bruche sogleich nebst seinem Gesellen namens Chorß Vater nach dem andern Stoß oder Fahrschacht retirirt; wie er wäre der erste gewesen, habe er sich unter einen Tragstempel, allwo man ihn auch gefunden, versteckt, sein Geselle aber wurde gleich hinter ihm von dem hereinfallenden Berg verschüttet, und wie er noch ein wenig mit jämmerlicher Stimme um Hülfe geschrien, er aber ihm zu helfen nicht vermocht, sei er von einem noch nachkommenden Schub gar verdrückt und habe nach gethanen paarmaligem Anken das Leben eingebüßt, wie man selbigen denn auch nachgehends als den 28. Oktober mit großer Gefahr, weilen er im Bruche gestecket, tot gefunden und herfürgebracht.

     Abraham Reinhard sein Behältniß unter gedachtem Tragstempel wäre so eng gewesen, daß er weder recht sitzen, stehen, noch liegen können, wie derselbe seit der Zeit auch nicht das geringste, als einmal sein eigen Wasser und nachgehends etwas von dem schlammigen eingedrungenen regen Wasser genoßen, weilen ihn mehr der Durst als der Hunger geplaget. Er hätte sich sonsten in dieser seiner großen Not mit Gebeten dem Allerhöchsten anbefohlen, und in Furcht und Hoffnunge, erlöset zu werden, wäre er bis in den dritten Tag bey Verstande geblieben, wüßte aber nachgehends nicht recht, was oder wie ihm geschehen wäre, weswegen er denn auch in meinunge, daß er bey seiner Frauen, alß welche man von ihm öfters rufen gehöret, sein Zeug mit einander abgestreifet, umme selbiges wieder zu trucknen.

     Was übrigens auch seine Wiedergenesung anlanget, jo ist er zwar anfänglich mit starken Ohnmachten befallen gewesen, jedoch aber, nachdem er einige Tage hier hernach auf Herzberg unter guter Pflege untergebracht, innerhab 6 Wochen völlig kurieret worden, daß er auch hiernächst seine vorige Gruben-Arbeit wieder gethan, doch aber nicht auf seiner verunglückten, sondern auf einer andern Grube angefahren.




Die „Beißkatze“ und die „Sieben Bauern“ in Clausthal.


An früheren Zeiten bestanden in den Städten vielfach Strafmittel, die man heute kaum noch den Namen nach kennt. Dahin gehören auch die „Beißkatze“ und die „Sieben Bauern“, die noch bis gegen die Mitte des vorigen Jahrhunderts in der Bergstadt Clausthal in Anwendung gekommen sind.

     Von der Beißkatze auf dem Clausthaler Rathause gibt Bürgermeister Ramdohr am 25. Januar 1862 auf besonderen Wunsch des Oberamtsrichters Bergmann in Zellerfeld folgende Beschreibung:

     Auf dem Vorsaale vor den früheren Gerichtszimmern bes Richiers und Rahts befand sich bis etwa 1850 in einer Ecke ein Bretterverschlag von etwa 6½, Fuß Höhe, 5 Fuß Länge und 2 Fuß Tiefe, in ber Mitte gleichmäßig durch eine Scheerwand getrennt; jebe Abtheilung war mit einer Thür versehen, beren beyde Kleppen durch eine zusammenfassende Oese von 1 Zoll Durchmesser mit ein und demselben Virhängeschlosse zu verschließen waren. Ein Fuß des ganzen Obertheils des Verschlages bestand aus einem starken hölzernen Gitterwerk, so daß auch nicht sehr große Personen von außen hineinsehen konnten.“

     In die Beißkage wurden zänkische Weiber hineingesteckt, besonders wenn sie sich in der Gerichtsstube unanständig betrugen, bis sie sich beruhigt hatten. Sie konnten sich wohl ansehen und anspucken, aber niemals handgreiflich werden. Ein ater Clausthaler Bergmann, der die Anwendung der Beißkabe noch gesehen hatte, erzählte mir, daß bei den Lohnzahlungen auf dem Rathause öfter Frauen in die Beißkape hineingesteckt wurden, wenn sie sich gezankt hatten. „Das taten sie vielfach,“ fügte er hinzu, „wenn der Mann ein paar Groschen mehr erhalten hatte, als der andere.“