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Silberadern konnten schon durch Aufwühlen der Erdoberfläche erschlossen werden. Mit der Ausdehnung des Erzbergbaues arbeitete sich die deutsche Besiedelung allmählich bis zum Kamm des Erzgebirges vor. Erzsucher in großen Scharen eilten aus Thüringen, Sachsen, Hessen, Franken und Bayern herbei, bunt zusammengewürfelt war das Bergmannsvolk, ungezähmt und eigenwillig. Die Not und die Sorge um die tägliche Nahrung in unwirtlicher Gebirgsgegend hat sie aber immer mehr zusammen geschmiedet. Es entstanden in den nachbezeichneten Jahren folgende Bergstädte: 1470 Schneeberg, welches 1477 Stadtrecht erhielt, bereits 1497 hat Annaberg Stadt- und Bergrecht erhalten. Von 1496 bis 1530 waren bei Annaberg schon 380 Gruben in Betrieb. Unterwiesenthal wurde 1510, Brand und Schlettau 1515, Jöhstadt 1517, Marienberg 1521, Oberwiesenthal 1526 und Gottesgab 1532 gegründet. Gottesgab gehörte bis zum schmalkaldischen Kriege zu Sachsen. Aber auch Steinbach, Grünbach, Bärenstein, Scheibenberg und Weichert sind in dieser Zeit entstanden. Die alte Bergstadt Freiberg, die „Stadt auf dem freien Berge“ war damals die größte und reichste Stadt der Mark Meißen. Von 1505–1539 hatte Heinrich der Fromme seinen Fürstensitz in Freiberg. Bereits 1514 hatte Freiberg eine Lateinschule und 1550 die erste Buchdruckerei. Die wirtschaftlichen Verhältnisse im Erzgebirge waren äußerst schwierig, fast jede Bergstadt hatte ihre eigene Bergordnung. Erst im Jahre 1589 wurde durch eine „Kursächsische Bergordnung“ eine Einheit für den Berg- und Hüttenbetrieb erzielt, Geschichtlich ist sie deshalb von Bedeutung, weil sie drei Jahrhundert Gesetzeskraft für den sächsischen Bergbau behalten hat. (1851 erfolgte eine Neuordnung und die Bildung von sechs Bergrevieren).

     Im böhmischen Erzgebirge wurde die Erschließung von Erzgängen durch den Grafen Schlick eifrig betrieben, welcher auch der Gründer der Bergstadt St. Joachimsthal ist. Ums Jahr 1520 standen dort über 200 Zechen in Betrieb, mehr als 8000 Bergleute sollen beschäftigt gewesen sein. In jener Zeit beginnt auch die Prägung der ersten schweren Silbermünzen. Die „Joachimstaler Guldengrochen“ trugen auf der Vorderseite das Bild des Stadtheiligen und auf der Rückseite der böhmischen Löwen, waren 2 Lot schwer und wurden kurzweg „Taler“ genannt. In drei Jahrzehnten wurden drei Millionen Taler als Ausbeute geprägt. In St. Joachimsthal wohnte Diakonus Mathesius, der Freund Luthers, welcher die Sarepta, eine Predigtsammlung herausgegeben hat. St. Joachimsthal, mit der Burg Freudenstein im Tale der Weseritz gelegen, ist heute eines der größten Radiumheilbäder.

     Im Oberharze ist die erste urkundliche Nachricht vom Bergbau am Sanct Andrewsberge aus dem Jahre 1487 nachweisbar. Graf Heinrich zu Stolberg-Wernigerode hatte Bergleute aus dem Mansfeldischen berufen. Die Bezeichnung dieser Bergmannssiedelung im Oberharze, ist auf den Namen des Apostels St. Andreas, den Schutzpatron des Bergbaues, zurückzuführen. Diese schwachen Versuchsbaue zeigten erst später Erfolge. Als im Jahre 1520 am Berberge bei der heutigen Bergstadt St. Andreasberg zwei Silbererzgänge erschlossen wurden, die sich in Gestalt eines Andreaskreuzes überquerten, gab dieses den Hohnstein’schen Grafen Veranlassung, für ihr Gebiet die erste Bergfreiheit im Jahre 1521 zu erlassen. Diese Bergfreiheit brachte einen kräftigen Zuzug von Bergleuten, besonders aus dem Erzgebirgs, aus St. Joachimsthal, Gottesaab wanderten viele im Harze ein. Das Andreasberger Gelände ermutigte sehr zur Vornahme von Schürfungen, und das Treiben von Stollen ließ sich leicht ermöglichen. Im Andreasberger Ganggebiet, südwestlich vom Brocken und Bruchberg, traten auf den Gangadern nicht nur silberhaltiger Bleiglanz, sondern auch nesterweise reiche Silbererze, u. a. gediegenes Silber drahtförmig und in Klumpen auf. Im Jahre 1537 waren bei St. Andreasberg bereits 116 Zechen in Betrieb. Gruben und Zechen erhielten die gleichen Bezeichnungen, wie solche im Erzgebirge: Gnade-Gottes, Felizitas, Neufang, Andreaskreuz, Dorothea usw.

     Aber auch nördlich des Bruchberges hatten bergmännische Unternehmungen große Erfolge. Durch starke Ansiedelungen entstanden die anderen Bergstädte des Oberharzes: Clausthal, Zellerfeld, Grund, Wildemann, Altenau und Lautenthal. Der Oberharz war damals politisch in viele Gebiete zersplittert. Im Jahre 1524 erließ der Welfenherzog Heinrich eine Bergordnung und berief auf Empfehlung des Grafen Schlick tüchtige Bergbeamte aus dem Erzgebirge. Wolf Sturz aus St. Joachimsthal wurde Berghauptmann und Jacob Fischer Bergmeister in Clausthal. Diesen Bergbeamten folgten zahlreiche Bergleute aus dem oberen Erzgebirge zum Oberharze. Bei der Ansiedelung führten die Bergleute das Berghackel und kurze Schießrohre mit. Zum Schute der im Entstehen begriffen 21 Bergwerke bildeten sie eine Wehr, die sogenannte Schützenwehr. Diese Schützenwehren hatten den Zweck, die einsam in den Harzbergen liegenden Gruben und Stollen vor Raubgesindel zu