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Der Dichter Jean Paul über Kindererziehung.
Der Dichter Jean Paul lebte zu unserer Urgroßväter Zeiten und wurde sehr verehrt von seinen Zeitgenossen, aber er hat auch uns noch manches zu sagen, wie nachstehende Proben zeigen.


     Nie ist eine Kraft zu schwächen, sondern nur der Gegenmuskel zu stärken. Körperliche Entkräftung macht geistig, alles geistige aber läßt festere, ja, ewige Spuren nach, und ein zerbrochener Arm heilt schneller als ein zerbrochenes Herz.

     Die Kinder sollen ihr Paradies bewohnen, wie die ersten Eltern. Aber Genüsse geben keins, sondern helfen es nur verscherzen. Spiele, d. h. Tätigkeit, nicht Genüsse, erhalten Kinder heiter.

     Wie leicht ist ein Kind freudig zu stimmen! Wie arg muß es der treiben, den sie hassen! Ein warmer Tropfen vermag das harte Samenkorn zum Schwellen und Grünen zu treiben, während den ausgebreiteten Blätterbaum ein ganzer Regenguß nur wenig umschafft.

     Die früheren Spiele sollen der geistigen Entwicklung nachhelfen, da die körperliche ohnehin riesenhaft schreitet, die späteren aber sollen der geistigen, die durch Schule und Jahre verläuft, die körperliche nachziehen. Das Kind tändle, singe, schaue, höre! Aber der Knabe, das Mädchen laufe, steige, werfe, baue, schwitze, friere.

     So bereitet denn, Eltern, zum Danke für die Spätrosen, welche eure Kindheit in eure Jahre wirft, auch euren Kindern das Himmelreich ähnlicher Erinnerungen vor. Kennst du denn die Krankenwochen, die Regenjahre, welche sie sich einmal vielleicht durch den Blick auf den blitzenden Morgentau sonniger Kindheit erhellen müssen.

     Noch ein Wort Jean Pauls an Deutschland.

     Deutschland war lange ein Wald; aber nach Wäldern ziehen sich Gewitter und Regen.

     Staatsschiffe, welche die Segel verloren, haben darum noch nicht die Anker eingebüßt.

     „Ich hatte das Glück, unglücklich zu sein“, darf zuweilen ein Volk so gut sagen als ein Mensch. Verunreinigte Völker gleichen Strömen, welche ihren Schlamm nur fallen lassen, wenn sie sich zwischen aufhaltenden eckigen Ufern durchkrümmen.