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weitere Verarbeitung geschah über Schlämmgräben und Pfannenherde, in und auf welchen ein Verwaschen des zerkleinerten Erzes stattfand.

     In Wildemann, wo Kaspar Bitter 1529 die ersten Häuser erbaute, ließ der Herzog 1532 auch die erste Silberhütte anlegen, in der das Edelmetall gewonnen wurde. Eine Münze wurde nicht errichtet und hat in Wildemann nie bestanden. Herzog Heinrich ließ die gewonnenen Oberharzer Silber anfangs in die fürstliche Kammer nach Wolfenbüttel schaffen, wo sie vermutlich auch vermünzt wurden, später errichtete er eine Münze im Kloster Riechenberg bei Goslar, die er dann, nachdem er auch den Rammelsberg an sich gebracht hatte, in der Mitte des 16. Jahrhunderts nach Goslar verlegte. Die sog. Wildemanns-Münzen, die nach der Volksmeinung in Wildemann geprägt sein müßten, wurden anfangs in den genannten Münzstätten und später in den Münzen zu Zellerfeld und Clausthal hergestellt. Der Name bezieht sich nicht auf die Münzstätte, sondern auf das Bildnis des Wilden Mannes, welches der Herzog zu Ehren der Grube Wildermann auf die Münzen setzen ließ.

     Für den Silberbergbau, den der Herzog zu neuem Leben erweckte, war Wildemann der gegebene Mittelpunkt. Von hier aus suchte man die Erzadern nach allen Seiten auf und baute so fleißig, daß das älteste Bergbuch über Einnahme und Ausgabe der Gruben von 1532 bis 1542 in diesem Bezirke nicht weniger als 24 Gruben aufzählt. Es gab schon Bergprobierer, Richter und Geschworene, von denen die letzteren die Gruben zu verwalten hatten. Wildemann wurde der Sitz der Bergverwaltung und überholte Grund sehr bald.

     Herzog Heinrich hatte das regste Interesse am Bergbau und scheute weder Mühe noch Kosten, denselben hochzubringen. Wo nur alte Pingen, Halden und Schlackenhaufen sich fanden, ließ er schürfen und nach den Erzgängen forschen. Viele alte Gruben wurden aufgenommen und belegt, zu welchem Zwecke er fremde Gewerken und Bergleute heranzog. Daß die letzteren hauptsächlich aus Obersachsen, dem sächsischen Erzgebirge kamen, ist nachgewiesen, wird auch durch Namen wie Sachsenstollen (bei Lautenthal) usw. unzweifelhaft bezeugt. Heinrich unterstüzte und förderte die einzelnen Unternehmungen auf mannigfache Art, besuchte und befuhr die Werke häufig selbst, inspizierie persönlich Beamte und Steiger, ließ sich regelmäßig von den Fortschritten der Arbeiten berichten und brachte auf solche Weise den Oberharzer Bergbau zu einer ungeahnten Blüte.

     Als die Gruben immer tiefer wurden, konnte man das Wasser nicht mehr bewältigen, das sich dort von allen Seiten ansammelt, und man mußte ernstlich darauf bedacht sein, dieses Hindernis zu beseitigen. Da ließ Heinrich durch einen Kunststeiger Wolf Springer in Wildemann Pumpwerke und Wasserkünste anlegen, welche man als „Heinzentünste“ bezeichnete. Diese Wasserhebemaschinen waren Röhren, durch die eiserne Seile mit Schöpfgefäßen in Form lederner Taschen gingen, die das Wasser aus den Gruben zutage förderten. Die erste Maschine dieser Art wurde 1536 in der Grube „Wildermann“ eingeführt und im Beisein des Herzogs Heinrich probiert.

     Mit der Tiefe der Gruben wurde es indes immer schwieriger, des Wassers Herr zu werden. Um diesem Übelstande gründlich abzuhelfen, entschloß sich der Herzog Heinrich auf den Rat seines Oberbergmeisters Peter Adener, Stollen zu bauen, die das Wasser aus den Gruben schnell und sicher abführten. Schon im Jahre 1524 soll er den „Tiefen Wildemānner Stollen“, der vom Alten Mann[1] angefangen, aber wieder aufgegeben war. fortgeführt haben. Er mündet als Dreizehnlachter-Stollen unterhalb Wildemann an der Innerste und ist wohl der älteste von allen Stollen. Der Obere Wildemänner Stollen, auch Neunzehnlachter-Stollen genannt, der sein Mundloch dem Rathause gegenüber an der Innerste hat, wurde 1551 vom Herzog begonnen und von seinem Sohne Julius fortgesetzt. Beide Stollen gehen durch das Zellerfelder und Clausthaler Revier und erreichen eine Länge von etwa 9000 Metern. Während der erstere 129 bis 150 Meter unter der Erdoberfläche liegt, 13 Lachter (ca. 26 Meter) tiefer als der Neunzehnlachter-Stollen, erreicht der letztere, der 19 Lachter unter dem Glückswärter- oder Sechszehnlachter-Stollen liegt, nur eine Teufe von 104 bis 120 Meter.

     Von 1548–62 trieb Heinrich auf seine eigenen Kosten den Frankenscharner Stollen vom Zellerfelder Tale aus 1300 Lachter ca. 2600 Meter) durch Quergestein in den Zellerfelder Hauptzug, und 1555 ließ er den Tiefen Himmlischen Heeresstollen am Adlersberge und den Oberen Wunderbarlichen Heinzenstollen in dem Spiegeltale erbauen. Diese Stollen famen bei der Gesteinsfestigkeit und der langsam fortschreitenden Arbeit mit Schlägel und Eisen sehr teuer, brachten aber auch wieder viel Ausbeute an Silber ein und kamen insbesondere den Gewerken


  1. Der „Alte Mann“ ist die erste bergmännische Bevölkerung des Oberharzes, die um die Mitte des 14. Jahrhunderts der Pest und deren Folgen erlag.