Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1923 | |
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Du hast in deiner Rumpelkammer vielleicht noch
einen alten Stuhl, einen alten Sessel, einen
alten Schrank, altes Geschirr und wer weiß
was noch für schöne Sachen stehen, deren Wert und
Schönheit du garnicht schätzst und die einst doch
den Schmuck und den Stolz des Hauses zu Großvaters-
und Urgroßvaterszeiten ausmachten.
Hast da noch solche Sachen?
Dann hole sie doch vor aus dem Staub der Bodenkammer, scheuere den Staub und Schmutz davon ab und schaue sie dir einmal richtig an. Guck mal, wie sauber und solide das alles gearbeitet ist, wie jedes Ding ein Meisterstück guter alter Handwerkerkunst darstellt. Gewiß sind sie einmal zur Seite gestellt worden, weil sie als unmodern galten. Wieviel Unheil hat dieser zweifelhafte Begriff „modern“ schon gestiftet! An ihre Stelle trat die nüchterne Fabrikware, die nicht den persönlichen Stempel des Handwerklichen trug und unschöner wirkte.
Was kannst du nun mit deinem alten noch vorhandenen Hausrat beginnen?
Nicht jeder und überhaupt nur wenige haben so viele Sachen, um damit ein ganzes Zimmer herrichten zu können. Aber wenn du auch nur einzelne Stücke hast, du kannst sie in feiner Weise dazu verwenden, um dir ein gemütliches, geschmackvoll wirkendes Eckchen auszustatten. Eine Ecke mit einem altem Schrank, darauf blankes Zinngeschirr oder Krüge, ein Großvaterstuhl daneben, an der Wand die alte Pendeluhr, von der dein Urgroßvater schon die Stunden ablas, ein paar alte Bildchen, Schattenrisse oder dgl., – du glaubst garnicht, wie echt, wie anheimelnd und gemütlich dir das vorfommen wird! Versuch es nur einmal! Und laß dich nicht abschrecken dadurch, daß die alten Sachen nicht mehr heil sind. Ein fehlendes Stulbein oder Tischbein wird dir ein geschickter Tischler schon ersetzen und einrenken können, daß du Tisch und Stuhl wieder benutzen kannst. Manche Ausbesserungen wirst du leicht selbst vornehmen können. Und solchen Dingen, die nur zum Schmuck da sind, denen schadet es nichts, wenn sie die Spuren der Zeit und des Alters in Form von Sprüngen und Beulen an sich tragen. Sie erscheinen dadurch nur ehrwürdiger.
Ich weiß, daß mancher aus falscher Scham sich scheut, noch alten Hausrat zu gebrauchen, schon des schier unausrottbaren Vorurteils wegen, unmodern zu erscheinen. Werft doch dies Vorurteil endlich weg! Benußt das, was schön und echt und zweckmäßig ist, aber niemals etwag nur aus dem (Grunde, weil es gerade mal modern ist. Modern ist ein sehr vergänglicher und wechselnder Begriff. Maßgebend darf immer nur das persönliche Schönheitsimpfinden sein.
Ich kenne Bergmannsstuben, die mit ihren alten Möbeln, alten Bildern und den schönen Zinnsachen auf dem Bört wahre Schmuckkästlein darstellen. Ich kenne Bauersfrauen, die Sonntag für Sonntag noch den Schmuck tragen, den sie von ihrer Urgroßmutter erbten und wie ein Kleinod in der uralten Eichentruhe aufbewahren. Das ist Hochachtung vor dem Alten und ein schöner Familiensinn. Diese Leute haben es nicht gemacht wie so viele gedanken- und pietätlose andere, die ihre ererbten Kostbarkeiten an Hausrat, Schmuck od. dgl. zur Seite warfen, verkommen ließen oder gar verschacherten.
Ja, dies elende Verschachern. Was hast du davon, wenn dir irgend jemand mit krampfhafter Redseligkeit meinetwegen deine alten Zinnsachen oder deinen Großvaterstuhl für billiges Geld abschwatzt! Deine paar Groschen sind vielleicht morgen schon wieder weg, und dein Heim ist um einen schönen Schmuck ärmer geworden, an dem du dich auf die Dauer hättest erfreuen können. Der andere aber lacht sich ins Fäustchen. Denn glaubs mir: Das Geschäft bei der Sache macht er, nicht du!
Während das Niederungs-Rindvieh meistens
bunt gezüchtet wird, erscheint unser Höhenvieh,
die Harzkuh, einfarbig braun. So
ist es auch in der Ziegenzucht. Die gewöhnliche
Landziege kommt in allen möglichen Farben vor.
Die Farbe der Harzziege ist ein helleres oder dunkleres
„Rehbraun“. Doch werden Tiere mit dunklerem
Rehbraun am liebsten gezüchtet. Das Fell
ist kurzhaarig und glatt. Die Ohren sind lang.
Der Kopf ist klein, nicht plump, im Verhältnis
zum Körper fein geformt, selbstverständlich ohne
Hörner. In der Ziegenzucht soll man Lämmer,
die Hörner bekommen, von der Aufzucht ausschließen.
Als gezähmtes Haustier braucht die
Ziege keine Hörner als Waffe zur Verteidigung,
höchstens, daß dieselbe mit den Hörnern kleinen
Kindern usw. gefährlich wird. Im Gesicht hat die
rehfarbige Harzziege zwei gleichmäßige helle Streifen
(bei Böcken weniger der Fall), auf dem Rücken
einen schwarzen Aalstrich. Derselbe soll aber nach
Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1923. Piepersche Buchdruckerei, Clausthal 1922, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1923_030.png&oldid=- (Version vom 4.9.2019)