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„Fleesch“ verlangte, sahte doch gleich: die is aus Berlin; un dodrbei kam se blus von Lautenthol rauf, wu se ahch Fleesch sprachen. Gleichfalls sahn se do Hau un net wie in Clasthol Ha (Heu), de Andresberger Hä, in Grunne un do unten rim nohch der Siewer zu Hui. Balle ä jeds Harzer Ertel behelt seine Ausdrucksweis for sich. Ihre Ähnwuhner sän ahm in alten Zeiten von hie und do har ansässig geworrn un han doch alle ihre Sprohch mitgebrocht. Es mog sich in Jahrhunnerte mannich Wort verännern, wieder annre Ausdrick gans aus dn Gebrauch kumme un verschwinden; es traten ahch neie wieder drzu, doch gieht dos Alles su längsen, daß mersch fast gar net markt in de Sproch scheinbar immer diesalwe bleit.

     Äne Rehg Werter gitts in unnern Dialekt, die wull dan eltern Harzern noch bekanntsän, ower längst net meh, oder bluß salten ämol, gebraucht waren. Ich ho se in Grußen und Gansen wackgelosen, im es Lasen nett unnethig schwär zu machen. Un aus dissen Grund braucht ich ahch käne Erklärunge drbei zu setzen, die su wie su all immer de Laserei schtären. War sich ower drfier intressiert, dar find je in grußer Meng angefiehrt, z. B. in dan Buch von Schell („Alte Geschichten von Clasthol“), in dr „Ewerharzischen Zither“ von Schulz (Altenah), in dan Lohrengelschen Buch „In dr Lieschtunne“ mit dan hibschen alten Barkmanns-Geschichten, gleichfalls in sän Schprichwertel-Bichel „Altes Gold“; ferner ahch in Barkmann Ulrich (Zallerfall) sän „Barbrig of dn Ewerharz“, in Lehrer August Ey (Zallerfall) sän „Harzbuch“. Alle disse Bicher sän gans oder teilweis in unnern Dialekt geschriehm, änslige freilich inzunt noch schwär oder gar net zu krieghn. Wie schien verzehln se alle von Harz un seine Ähnwuhner, von ihrer Ahnhänglichkeit un Lieb und Trei zur Heimoth, von ihren schwären Beruff, von Sitten un Gebreihng in dr Vergangehät un Gehngwart, wie viel Schpaß un Lustigkät aus dn Barkmannslahm; wos rulln se for hibsche Bilder auf von schtilln und dunkeln Tannewald mit sän Vugelkunzert, von Barg un Thol un Wies un Teich, von Gruhm, Hitten un Puchrige! Forwahr, mir sän net ze korz gekumme in dissen Ahnbetracht, un su wärd ahch käne Termahnung nethig sein, allezeit, mehng mr drhem oder in dr Fremd lahm, unnre theire Harzer Heimoth un net zuletzt ihre Schproch huchzuhalten un drfier aufzetraten. Bedenk’ Jeder wos dr August Ey vor fufzig Jahr geschriehm hot:

„Unnre Schproch, o liewe Harzer
Sei uns heilig, theier, warth,
Käner sprach drvon verachtlich,
Nicht for uns hot greßern Warth.
Is ärscht unnre Schproch noch wack,
Denn leit gans dr Harz in Drack.“

Un dos will doch gewiß Käner?



Aus dem Walde.


Mit dem alten Förster heut
Bin ich durch den Wald gegangen
Während hell im Festgeläut
Aus dem Dorf die Glocken klangen,

Golden floß ins Laub der Tag,
Vöglein sangen Gottes Ehre,
Fast, als obs der ganze Hag
Wüßte, daß es Sonntag wäre.

Und wir kamen ins Revier,
Wo, umrauscht von alten Bäumen,
Junge Stämmlein sonder Zier
Sproßten auf besonnten Räumen.

Feierlich der Alte sprach:
„Siehst Du über unsern Wegen
Hochgewölbt das grüne Dach,
Das ist unsrer Ahnen Segen.“

„Denn es gilt ein ewig Recht,
Wo die hohen Wipfel rauschen;
Von Geschlecht zu Geschlecht
Geht im Wald ein heilig Tauschen.“

„Was uns not ist, uns zum Heil
Wards gegründet von den Vätern;
Aber das ist unser Teil,
Daß wir gründen für die Spätern.“

„Drum im Forst auf meinem Stand
Ist mirs oft, als böt ich linde
Meinem Ahnherrn diese Hand,
Jene meinem Kindeskinde.“

„Und sobald ich pflanzen will,
Pocht das Herz mir, dass ichs merke,
Und ein frommes Sprüchlein still
Muß ich beten zu dem Werke:“

„Schütz euch Gott ihr Reifer schwank!
Mögen unter enren Kronen,
Rauscht ihr einst den Wald entlang
Gottesfurcht und Freiheit wohnen!“

„Und ihr Enkel, still erfreut
Mögt ihr dann mein Segen ahnen,
Was mit frommem Dank mich heut
An die Väter will gemahnen!“

Wie verstummend im Gebet
Schwieg der Mann, der tiefergraute,
Klaren Auges, ein Prophet,
Welcher vorwärts, rückwärts schaute.

Segnend auf die Stämmlein rings
Sah ich dann die Händ’ ihn breiten;
Aber in den Wipfeln gings
Wie ein Gruß aus alten Zeiten.


Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Allgemeiner Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1921. Piepersche Buchdruckerei, Clausthal 1921, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Harz-Berg-Kalender_1921_023.png&oldid=- (Version vom 23.7.2019)