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Es behorchte Lied.
Von Georg Schulze.


     Ich känn ä Platzel, ich wäß an Bam,
Do isses wull hibsch, do gefelltsmer ahm.
Do setzt sich mei Schatzel vertraulich zu mir,
Do singichne Liebeslieder fier,

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     Fitteralla, Fitteralla, ja Lieder fier.


     Un mänich ich hohsne gesunge racht gut,
Su guckich män Schatzel wull unter dn Hut.
Do bickt sichs denn wull emol riwer zu mir
Un gittmer gans frehlich ä Mundel drfier,

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     Fitteralla, Fitteralla, ja Mundel drfier.


     Dar Bam un dos Platzel sän dorten in Wald,
Ahm racht mir; män Schatzel mei Liedel mant schallt.
Doch de Zitter klung laut un ich goh net Paß,
Zunt singes de Kinner all of dr Gaß,

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     Fitteralla, Fitteralla, all of dr Gaß.


     Wos soll ich nu machen of freier Gaß?
Verbieten un schalten? Dos machtemer Haß.
Mir thoten nischt schlachts, ich sung net for Gald
Un for meintwahng sings denn die gansa Walt

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     Fitteralla, Fitteralla, die gansa Walt.


Georg Schulze, aus dessen Gedichtband „Ewerharzische Zitter“ das obenstehende launige Liedlein entnommen ist, ist der hervorragendste der Oberharzer Dialektdichter. Er wurde 1807 zu Clausthal geboren und widmete sich später dem Studium der Theologie. Seine Göttinger Studienzeit führte ihn mit Jakob Grimm zusammen, dem bedeutenden Germanisten[1]. Von 1842 bis 1863 war er Pastor in der Altenau, von 1863 bis zu seinem Tode 1866 in Scharzfeld. Seinem Wunsche entsprechend wurde er in der Altenau beerdigt. Es war ihm wohl Seelenbedürfnis gewesen, an dem Orte zu ruhen, in dem er die Hauptzeit seines Lebens zugebracht hat, alle die Jahre, die die fruchtbarsten für sein reiches Schaffen waren. Hier entstand neben anderen auch sein Hauptwerk, die „Ewerharzische Zitter“, in der sich Ernstes und Heiteres, Lyrisches und Episches zu einem bunten Kranz leuchtender Wiesenblumen windet. Menschenliebe, Heimatliebe, Naturliebe reden aus diesen Gedichten und ein reines, heiteres Gemüt. Insbesondere ist es aber die glühende Heimatliebe, die das Buch atmet. Der Abschied vom Harz ist dem Dichter damals schwer geworden. Er hat ihn nicht lange mehr überlebt. Seine „Ewerharzische Zitter“ aber wird fortleben, solange es noch Menschen gibt, die „ewerharzisch schprachchen“. Er soll nicht vergessen sein. Wir wollen ihm erfüllen, was die Schlußstrophe seines Büchleins rührend bittet:


     Bleitmer gut, ihr druhm in Harz.
Bis der Tud mich trifft, der kalte,
Bin un blei ich eich dr alte;
Mannich Lied in offenbarts.

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Bleitmer gut, ihr druhm in Harz.



  1. Seine Beziehungen zu den Göttinger Gelehrtenkreisen hat er als eifriger Sprachforscher nie abgebrochen, zumal er dort als wissenschaftlicher Vertreter der Oberharzer Mundart galt.


Ein alter Spruch, der in die heutige Zeit paßt.
Von Fr. v. Logau (1604–1655).


Wir mußten alle Völker zu Totengräbern haben,
Bevor sie Deutschland konnten recht in sich selbst vergraben.
Jetzt sind sie doppelt sorgsam, den Körper zu verwahren,
Damit nicht neue Geister in solchen etwas fahren,

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Und das erweckte Deutschland nicht wiederum, wie billig,

Auch seine Totengräber sei zu bestatten willig.