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Vorfrühling.

     Wo der Buchenwald des tiefen Bergsaumes an den Grenzbach tritt, liegt ein müder Holzabfuhrweg im kleinen Tälchen. Vor ihm sieht man die Konturen des morgensonnigen Weidehanges schön vor dem blauen Himmel liegen und weiß dahinter braune, grüne Feldstreifen, die an ein rotes Dörflein gleiten.

     Ein silbriger Nebel dampft von den Waldhöhen gegen Weide und Feld. An Zweigen und Gräsern hängen Perlen. Und wenn der Wind blasen wollte, so würde man wohl in der Höhe den umdunsteten Silberschimmer der Sonne sehen. Aber der Wind bläst nicht. Nebel rieselt, und die feuchte Erde verrät durch ihren Duft, daß sie grünen und blühen will.

     Heimlich knistert das Fallaub. Tropfen tippen und verrinnen. Reglos hängen die Buchenzweige mit ihrer braunen Knospenfülle auf den Weg. In dem Gitterwerk zirpen Meisen, turnen durch die schlanken, nassen Zweige. Dann glitzert ein Tropfenschleier herab. Emsig schlüpfen sie am Waldsaume entlang. Ihr luftiger Lärm verhalt in der Ferne.

     Der Bach grummelt leise in die Stille. Er weiß ein Lied, ein ganz heimliches Lied. Wenn er nur erst die Melodie richtig heraus hätte. Die Stille hält zwischen den Stämmen und lauscht. Es liegt etwas in der Luft. Etwas Zartes und Feines. Aber es kann nicht gegen den Nebel an.

     Der wird dicker. Ballt und diebt sich. Lichter werden die oberen Schichten. Und der Wind beginnt zu blasen Plötzlich – man hat’s kaum erhofft – ist ein Stückchen Blau am Himmel. Nebelungetüme verdrängen es. Es kommt wieder, vergrößert sich. Es prahlt: Ich bin da, seht mich doch! Die Buchenknospen leuchten. Tausend Perlen funkeln. Und der Morgenwind hat den Nebel richtig, wie er ihn haben wollte. Er schiebt ihn lang vor sich her, fällt von oben auf ihn, preßt ihn aufs Feld und setzt ihm den Fuß auf den Nacken. Graue Fetzen flattern in die Luft, werden verweht, verblasen. In Blau und Gold prunkt der Hmmel.

     Auf dem nassen, dampfenden Berghang schreitet die Sonne. Verschämte Buschwindröschen beben vor Glück. Polster von Lungenblümchen – rot und blau – leuchten auf. Hier und da schwankt ein Schneeglöckchen: Daß man so jung verblühen muß! Schlüsselblumenhorste flackern gelb: Hier! Hier! Behutsam streichelt ihnen Sonne die nebelfeuchten Schöpfe. Dann tritt sich vor das Schönste, das der Berghang zwischen verstreuten Felsblöcken birgt, und das ist der Seidelbast. Wie ein rosenrotes Träumchen, frisch vom Himmel gefallen, steht er sprudelnd vor Freude und Lebensübermut. Sein Duft! O fein süßer Duft! Es sumst in ihn hinein. Schwerfällig taumeln Hummeln, berauschen sich. Sonne breitet rings um ihn einen warmen Teppich.

     Wanderer, der du im Frühduft ersten Frühlings über das Gebirge kommst, halte an dich! Sinke nicht vor ihm auf die Knie, wenn du ihn siehst. Presse ihn nicht wild an dich im Taumel erster Frühlingserfüllung. Jauchze nicht über ihn, denn er will Stille. Schau ihn in dich hinein, daß er dir innen weiter blühe. Denn er ist scheuestes Waldglück, ist glühende Liebe, ist ein Hauch vom Ewigen. Du hast den Frühling in Dir, wenn du ihn hast. Grüner leuchten da bie Äcker, das Wehen des Windes wird reicher und die Rufe der kreisenden Wildvögel reißen dein Herz empor. Knospenschwer und bräunlich senken sich die Buchenzweige auf den müden Weg. Vor der Erlenwand bewegen sich weinrote Vorhänge. Der Bach funkelt erregt. Überall drängeln grüne Krautspitzen. Die sonnige Morgenluft fiebert um die blanken Stämme. Alles ist voller Erwartung. Irgend etwas muß geschehen. Der sonnige Berg ist wie ein Herz, zum Platzen geschwellt mit junger Freude. Heraus muß Sie, heraus!

     Und da platzt das volle Herz. Süßes, heimliches Jauchzen quillt, füllt den ganzen Berg: Eine Drossel singt!




     Scherzfrage. Wieso sind sich eine Verlobung und eine Schiefertafel ähnlich? – Weil alle kleinen Mädchen darauf rechnen!

     Ein Onkel ging mit seinem kleinen Neffen spazieren. In der Siegesallee fragte er den Kleinen: „Wo sind wir hier?“ – „Weeß ick nich, uff den Kirchhof bin ick noch nich jewesen,“ sagte der Junge.

     „Vater und Mutter zanken sich immer. Vater sagt, Mutter is ’ne alte Katze, und Mutter schimpft Vatern Ochse.“ – „Da brauchst Du doch nicht zu weinen.“ – „doch! Wat bin ick denn?“

     Gast (zum vorübereilenden Kellner): Was gibt’s heute zum Mittagessen?“ – Kellner: (leiert her): „Spargelsuppejungeschotenbeilagegänsebratenkompott“ – Gast: „Schön, bringen Sie mir die erste, zweite, fünfte und zehnte Silbe!“

     Frau Professor: „Du mußt mir einen neuen Regenschirm kaufen, mein alter ist so schlecht, daß ich ihn wegwerfen kann!“ – Herr Professor: „Nun, nun, im Hause Wirst Du ihn doch noch tragen können!“

     Im Manöver beschwerte sich ein Freiwilliger beim Küchenunteroffizier über das Essen. Besonders die Suppe und das Gemüse seien immer voll Sand und kleiner Steine. Der Unteroffizier wollte den Mann beruhigen und sagte: „Also Krause, Sie sind doch Soldat geworden, um Ihrem Vaterlande zu dienen?“ – „Jawohl,“ antwortete er, „ich will meinem Lande dienen, ich will es aber nicht aufessen!“

     Minna, die Köchin, hat von ihrem Lieben den Laufpaß bekommen. Sie schreibt ihm einen tränenfeuchten Brief mit dem trostlosen Schluß: „In deine armen wollt’ ich Ganz genesen, es hat nicht seingesollt! Deine gramdurchfurchte Minna.“