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Garten-Kalender.

[Ξ] PaObstgarten. Oculiren kann man auf’s schlafende Auge, was man will, von der Mitte dieses Monats an bis in die Mitte des künftigen. Bei den aufs treibende Auge oculirten Stämmen sieht man nach, ob sie treiben und lüftet die Bänder.

PaGemüsegarten. Anfangs noch zu säen: Herbstkarotten, Rüben, Winterrettig, Herbstspinat. Gepflanzt kann werden: brauner Kohl auf leere Erbsenfelder, Winterendivien, Kohlrüben, Blumenkohl, Wirsingsalat. Aufzunehmen sind: Zwiebelgewächse, wenn ihre Schoten umfallen. Majoran und Thymian wird geschnitten.

PaBlumengarten. Man trachte reisen Aurikel- und Primelsamen einzusammeln, wenn sich die Kapseln zu öffnen beginnen. Man muß Narcissen, Feder-, Trauben-, Muskat- und Waldhyazinthen, Tazetten, Jonquillen und frühe Schwertlilien alle 3 Jahre umlegen.




Die Sonne siegt!

     Es ist vollbracht!
Ein Schauer schüttelt die erstarrte Welt,
– Todbanges Seufzen klagt durch grause Nacht;
Vollendet hat ein Held!
Und neue Kreuze künden blut’ge Saat
aus deutschem Samen, ausgestreut durchs Schwert!
sie weisen uns den rechten Kämpferpfad,
Zu wirken Frieden unserm deutschen Herd!
Noch um die Hügel Winternebel wallt.
– Harret nur: bald,
Bald kommt die Sonne!
     Die Liebe lebt!
Befreit den Geist von allem Höllenzwang!
– Ein Frühlingsahnen durch die Dämm’rung bebt
und ferner Lerchensang.
– Bald lodern Siegesfeuer rings im Land!
Die Heimaterde, bräunlich hehr geschmückt, –
Euch, die ihr sie bewahret vor Schmach und Schand’, –
mit reicher Morgengab’ ans Herze drückt!
Horch! Schon zum letzten Streit der der Hornruf schallt!
– Harret nur: bald,
bald siegt die Sonne!

Karl-Julius Meyer.




So wirkt mit Macht der edle Mann
Jahrhunderte auf seinesgleichen
Denn was ein guter Mensch erreichen kann,
Ist nicht im lichten Raum des Lebens zu erreichen.
Denn lebt er, auch nach seinem Tode fort
Und ist so wirksam, als er lebte.
Die gute Tat, das schöne Wort
Es strebt unsterblich, wie es sterblich strebte.

Goethe.




     Er fragt sich nicht, wie es gekommen ist! – Elli, das fröhliche übermütige Kind beschäftigt fortwährend seine Gedanken – und Martha? – Kam er nicht mit der festen Absicht her, sie, die treue Gespielin seiner herrlichen Jugendzeit, als seine liebe Braut mit hinwegzunehmen, ihr seine Hand, sein Herz anzubieten? – Und nun? — Unwillkürlich vergleicht er die beiden Mädchengestalten: Gewiß, Martha ist unzweifelhaft die Schönere von beiden; ihre hohe, schlanke Gestalt, die dunklen Augen, welche meist so ernst und träumerisch blicken, doch auch leidenschaftlich aufleuchten können; die ganzen Bewegungen so vornehm – – gewiß, sie ist eine elegante schöne Erscheinung! – Und dann sieht er Elli vor sich, eine Schönheit kann man sie nicht nennen; aber durch ihre natürliche Anmut, ihr sonniges heiteres Wesen gewinnt die zierliche Gestalt einen eigenen Reiz und er fühlt sich zu dem lieben Gesicht mit den lachenden Blauaugen unbewußt hingezogen! Er denkt an seine nun bald bevorstehende Abreise und wieder seufzt er tief auf.

     Es fällt Gerhardt so schwer, von hier zu scheiden, besonders wenn er sich vorstellt, daß er Ellis ihm so liebgewordene Gesellschaft nun bald ganz entbehren soll.

     Dieses herzige junge Mädchen hat’s ihm angetan, er hat sie liebgewonnen in den kurzen Wochen ihres so schönen Beisaammenseins. – Ob Elli seine Neigung erwidert – – ob sie ihm auch gut ist? – – –

     Schon einige Male war er im Begriff, ihr alles zu sagen von seiner Liebe zu ihr, seinen Hoffnungen – –, aber weiß er denn, ob sie „ja“ sagen, ihm ihre Hand fürs Leben reichen wird? Stets ist sie so harmlos – lustig, immer voller Frohsinn und heiterer Scherze; allerdings hat er auch bemerkt, wenn er sie mitunter so eigen ansah, daß sie errötete, seinem Blick auswich, verwirrt und befangen wurde. Durfte er das als ein Zeichen der erwachten Liebe ansehen? Durfte er hoffen? – Die Zweifel quälten ihn und er mußte sobald wie möglich Gewißheit haben! –

     Noch immer steht er in Gedanken versunken – plötzlich aber leuchtet sein Auge auf, er beugt sich weiter zum Fenster hinaus, dann wendet er sich ins Zimmer zurück und seinen Hut nehmend, eilt er schnellen elastischen Schrittes hinunter in den Park. – –

     Mehrere Laubgänge hat er schon durchschritten und da hört er auch schon die ihm so traute Stimme in neckischem Geplauder. Mit wem? denkt er. Aber schon sieht er Elli – den Gegenstand seiner Sehnsucht – vor sich, ihr zur Seite Lord.

     Schnell tritt er hinter eine Haushecke, die ihn so ihren Blicken verbirgt, und er hat nun Zeit, sich an dem allerliebsten Bilck, das sich seinen Augen bietet, zu erfreuen.

     Das junge Mädchen sitzt auf einer Bank. Lord, der treue Begleiter, hat seine beiden Vorderpfoten auf ihren Schoß gelegt und Ellis Köpfchen lehnt zärtlich an dem Kopf des Tieres. Sie scheint ihm etwas sehr Schönes vorgeplaudert zu haben, denn mit klugen Augen blickt Lord zu seiner jungen Herrin empor, als ob sein Hundeverstand ihre Auseinandersetzung vollkommen begriffe.

     Gerhardt kann sich nicht sattsehen an dem lieblichen Bild – er möchte dieses süße Geschöpf an sich reißen – es küssen! – –