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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3

Jugendliche unter 15 Jahren zwei Ruhetage im Monat zugestanden, im Fall der Tätigkeit in Tag- und Nachtschichten vier. Von allen diesen Arbeitsbestimmungen sind wiederum Ausnahmen zugelassen, z. B. bei Saisonarbeit, die bis zur Gewährung von Überarbeit an 120 Tagen und diese im Ausmass von 1 Stunde im Tag den Wert des Gesetzes schwächen. Frauen und Jugendliche unter 15 Jahren dürfen mit der Bedienung von Maschinen oder Arbeiten an Kraftleitungsanlagen nicht beschäftigt werden, noch in Betrieben, die mit Giften und Explosivstoffen arbeiten oder viel Staub, Pulver oder gesundheitsgefährliche Gase verbreiten, tätig sein. Der Bau wie Betrieb von Fabriken ist unter Aufsicht gestellt.

Bestimmungen für kranke Personen und schwangere Frauen sind den zuständigen Ministern überlassen.

Die Krankheits- und Unfallfürsorge soll durch kaiserliche Verordnung noch geregelt werden und eine Unterstützung dem unverschuldet Beschädigten oder seiner Familie bringen; diese wird wohl die dürftigen Bestimmungen des Berggesetzes von 1905 nicht übersteigen, die Arztkosten und Verpflegung, ⅓ des Arbeitslohnes in der arbeitslosen Zeit, 10 Yen Begräbnisgeld gewährten und eine Abfindung von 100 Tagelöhnen für Witwen und Waisen vorschrieben.

Auch die Regelung der Aufsicht über Anstellung und Entlassung der Arbeiter und Stellenvermittlung, sowie die Frage des Lehrlingswesens soll ein kaiserlicher Erlass noch regeln.

Geldstrafen im Höchstmass von 500 Yen lassen das von Ausnahmen durchbrochene so überaus milde erste Sozialgesetz nicht wirksamer werden.

Hat die Regierung bis heute also noch immer der Arbeiterarmee den nötigen sozialen Schutz versagt, so finden sich ausserordentlich klägliche Lohnverhältnisse, die vielfach noch eine altväterliche Höhe zeigen, neben Preisen, die durch die Anpassung an den Weltmarkt seit dem chinesischen Krieg wie durch die finanziellen Bürden der Kriege unaufhörlich stiegen.

Tabelle XII.
1895
Yen
1900
Yen
1905
Yen
1907
Yen
1909
Yen
1 koku (1,804 hl) Reis 8,21 11,32 12,66 16,02 12,54
1 koku Gerste 3,80 4,74 6,59 5,46 5,62
1 koku Salz 1,39 2,41 4,43 5,24 5,21
100 kin 1 kin = (6 hektogr.) ausländischer brauner Zucker 5,81 7,70 11,65 10,94 12,48
1 koku Soya 9,57 17,41 21,76 22,60 23,23
100 kin Tee, 30,26 36,36 48,21 44,45 49,34
1 koku Sake 17,23 30,68 37,61 41,09 43,49
1 Kiste Erdöl mit 2 Kannen 2,38 3,14 3,29 3,70 3,85
1 kama = (36,57 m) grauer Shirting 3,14 3,80 5,21 5,46 5,69
1 Tan (= 9,917 Ar) gebleichter baumwollener Stoff 0,31 0,37 0,47 0,47 0,44

Die ganze Steuerlast der Kriege wurde auf die Schultern des Volkes gewälzt; mochte bei dem geringen Vorkommen von grossen Vermögen auch kein anderer Ausweg bleiben, als eine starke Heranziehung der breiten Massen des Volkes, so hat diese doch einen Umfang angenommen, der Frau und Kinder in die Fabrik zwingt und Einschränkungen in der Lebenshaltung gebietet, was schwere und bedenkliche Folgen zeitigen muss.

Es ist durch Zölle oder indirekte Steuern alles getroffen, was den Arbeiter nährt, kleidet, wohnen lässt, fortbewegt und in der Krankheit hilft, oder sein primitives Vergnügungsleben bildet. Neben Reiszoll steht die Soyasteuer, die Gewebesteuer trifft sein Gewand, die erhöhte Grundsteuer sein Wohnen, die Verkehrssteuer gerade die kurzen Entfernungen und den Trambahnverkehr schwer, die Arzneisteuer sucht den Kranken noch am Krankenbett auf und die Steuer auf Sake belastet ihn, ohne dass der Staat für ein höheres Vergnügungsleben, das dem Alkoholgenuss steuerte, sich umtut. Die neuen Steuerreformen erleichterten die Lasten der Bauern im Verhältnis ihrer Leistungsfähigkeit und zogen die städtische Bevölkerung sehr scharf heran.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 3. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 383. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_3.pdf/399&oldid=- (Version vom 25.12.2021)