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ausgenommen die der Amtsverschwiegenheit und angemessenem Gesamtverhaltens; Verletzungen unterliegen u. U. diszipl. Ahndung. 4. Dienstentlassung. Sie erfolgt im Disziplinarwege.[1]

C. Wirtschaftliche Stellung der Beamten.

§ 7. Der B. steht in privatwirtschaftlicher Hinsicht an sich allen übrigen Staatsbürgern gleich, geniesst aber in manchen Beziehungen Vorteile, z. B. in einzelnen Staaten, Steuerbegünstigungen als Korrelat dafür, dass er in der Wahl seines Wohnsitzes gebunden ist, überdies sein Einkommen als genau feststehend meist schärfer zu den Steuern herangezogen wird, wie das durch Schätzung festgestellte gewerbliche Einkommen.[2] Die Erhaltung gesunder wirtschaftlicher Verhältnisse ist im Staatsinteresse sehr wichtig, daher ist die Fürsorge für angemessene Gehaltsordnung Pflicht des Staates (Schwierigkeit richtigen Abmasses für die verschiedenen Beamtenklassen, zwischen denen Vergleiche oft sehr schwer, ferner Schwierigkeit der Regelung für längere Zeit wegen beständigen Wechsels der Konjunktur –Lebensmittelpreise). Da den Beamten die freie Erwerbsmöglichkeit fehlt, muss der Staat die Fürsorge für Zukunft des B. und seiner Familie übernehmen (daher Pensionsordnungen und Hinterbliebenenversorgung), auch in Notfällen mit Unterstützungen eintreten. Hierzu sowie überhaupt zur wirtschaftlichen Hebung dienen zahlreiche Wohlfahrtseinrichtungen (Versicherungskassen, Spar- und Darlehnskassen, Genesungsheime, speziell in den grossen Staatsbetrieben für untere und mittlere B.). Wirtschaftlichen Zwecken dienen zahlreiche Beamten-Vereinigungen: Konsum-Vereine zwecks gemeinschaftliche Beschaffung von Lebensmitteln etc., Versicherungsvereine (Feuer-, Vieh-Versicherungen, grössere auch mit Lebensversicherung[3] verbunden). Gegen diese Bestrebungen werden zahlreiche Angriffe gerichtet aus den Kreisen von Handel und Gewerbe, die auch in den politischen Parteien der verschiedensten Richtung ihre Stütze finden (Mittelstandsbewegung u. a.). Gerade aus diesem Anlass kommt es häufig zu starken lnteressenkämpfen zwischen Beamten und freien Erwerbsständen, die sich auch auf andere Gebiete z. B. Kommunalwahlen, übertragen; infolgedesssen sind die Beamten durch Reichsg. v. 12. 8. 1896 in dieser Betätigung etwas beschränkt worden. – Privater Gewerbetrieb des B., auch wo derselbe an sich erlaubt und mit der Würde des Amtes vereinbar ist, unterliegt doch gewissen Bedenken; er wird nur ausnahmsweise zugelassen, selbst wenn formell die Ehefrau Geschäftsinhaberin ist.

D. Soziale und politische Stellung des Beamten.

§ 8. Die Scheidung der Beamten in höhere, mittlere und untere findet auch in sozialer Beziehung statt. Trotz zahlreicher übereinstimmender Merkmale und mannigfacher Übergänge sind insofern drei verschiedene soziale Gruppen zu unterscheiden. Diese Scheidung kommt auch innerhalb der Berufe selbst zum Ausdruck, ganz besonders in der Art der Vereinsbildung: es gibt viele Vereine, die sich auf Angehörige derselben Gruppe und noch mehr, die sich auf Angehörige derselben Untergruppe beschränken. Dies gilt besonders von Vereinen, die entweder geselliger Natur sind oder eine Einwirkung auf die dienstlichen Verhältnisse bezwecken. Bei reinwirtschaftlichen Vereinigungen (Konsumvereinen, Rabattvereinen, Baugenossenschaften) kommt jene Scheidung seltener zur Geltung. In sozialer Hinsicht spielen Titel und Rang eine hervorragende Rolle, da sie nach aussen hin Merkmale der sozialen Wertung sind. Gerade diese Fragen, namentlich auch Gehaltsfragen, sind häufig Gegenstände leidenschaftlicher Vergleiche zwischen ähnlichen Beamtenklassen verschiedener Berufe. Neben wirtschaftlichen Zwecken sind es Bestrebungen dieser Art sowie sonstige Wünsche auf Besserung der Dienstverhältnisse, welche zur Gründung von Beamtenvereinen führen. Solche Vereine sind seit mehreren Jahren überall in grossem Umfang gegründet und entfalten zum Teil eine sehr lebhafte Tätigkeit. Angestrebt wird u. a. besonders


  1. Reichs.-G. 1873, §§ 72–133. Preussen G. v. 1852 G.-S. S. 465. Bayern G. v. 1903, Art. 9 Abs. 2. Sachsen G. von 1835 u. 1876. Württemberg V. U. 1819 u. G. 1876 S. 211. Baden, Beamtengesetz 1888, G. u. V. Bl. 399. Hessen G. 1880 Art. 5, 8 R. Bl. 67. Meckl.-Schwerin 1907 Rbl. S. 125 u. 1909 S. 105 (Eisenb. B.)
  2. z. B. in Preussen bezügl. der Gemeindeabgaben, s. Hue de Grais, Handbuch S. 110. Ein Ges. v. 1909 hat die Begünstigung wesentlich eingeschränkt.
  3. Die wichtigsten: Preussischer Beamtenverein in Hannover; Deutsche Beamten-Lebensversicherung, Anstalt des Verbandes Deutscher B.-Vereine in Berlin (Anm. 10).
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Diverse: Handbuch der Politik – Band 3. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 106. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_3.pdf/122&oldid=- (Version vom 17.11.2021)