Seite:Handbuch der Politik Band 3.pdf/120

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Diverse: Handbuch der Politik – Band 3


A. Einleitung.

§ 1. Die Beamten sind zu einem wesentlichen Teile Träger des staatlichen Organismus, sie sind abgesehen vom Heere die Organe der exekutiven Gewalt (im weitesten Sinne). Daher Erhaltung eines tüchtigen, leistungsfähigen und zuverlässigen Beamtenstandes ein Haupterfordernis der Verwaltungspolitik. Hierzu ist nötig möglichste Sicherstellung der Beamten in rechtlicher, wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht, also a) Regelung der rechtlichen Stellung der B. im Verhältnis zum Dienstgeber (Beamten- und Disziplinarrecht), b) Fürsorge für seine Person und seihe privatwirtschaftliche Stellung (Gehaltsfragen, Gesundheitspflege, Wohlfahrtseinrichtungen), c) Regelung seiner sozialen Stellung (insbesondere Vereinswesen). – Stellung und Bedeutung des Beamtentums in Deutschland unterscheidet sich wesentlich von anderen Staaten: die Beziehungen der B. zur Staatsgewalt sind enger, geordneter, dauernder, als in vorwiegend parlamentarisch regierten Staaten, in denen die Abhängigkeit von der jeweils herrschenden politischen Partei zum Schaden unparteiischer Verwaltung ist. Damit unvermeidlich verbunden Ausschluss unkündbarer Anstellung. Bei der geachteten und gesicherten Stellung der B. in Deutschland ist durchweg der Andrang sehr stark, sowohl für die höhere, als auch für die mittlere und untere Laufbahn. Für die beiden letzteren kommen in erheblichem Umfang die Militäranwärter in Betracht (als Versorgung für ausgediente Personen des Unteroffizierstandes, in beschränktem Umfang auch für verabschiedete Offiziere[1]).

B. Das Beamtenrecht.

§ 2. Allgemeines. Der Begriff „Beamter“ ist von der Reichs-, zumeist auch von der Landesgesetzgebung nicht definiert, sondern wird als bekannt vorausgesetzt. Unter den Landesgesetzen hat das oben genannte Bayer. Beamtengesetz in Art. 1 eine formell einengende Definition aufgestellt. Nach allgemein üblicher Definition sind Staatsbeamte solche Personen, welche zur Verwaltung öffentlicher Ämter unter Übernahme besonderer Treuverpflichtung in den Dienst des Staates getreten sind; sie wurden früher daher auch als Staatsdiener bezeichnet. Das Versicherungsgesetz für „Angestellte“ zählt sie zu dieser noch weiteren Gruppe (s. o.). Der Eintritt ist freiwillig und erfolgt in der Regel zu dauerndem Dienst, und zwar in einem Staatsamt, nicht für einzelne Staatsgeschäfte. Zu unterscheiden sind Berufsbeamte und Ehrenbeamte (welche unentgeltlich und nicht dauernd in den Staatsdienst treten), ferner Reichsbeamte und Landesbeamte, welch letztere wieder in unmittelbare oder mittelbare zerfallen, mittelbare[2] sind die im Dienst eines staatlich anerkannten Selbstverwaltungskörpers (Kommunalverbände, Gemeinden) stehenden B., und endlich nach dem Inhalt ihrer Tätigkeit höhere, mittlere (im 19. Jahrhundert meist als Subalternb. bezeichnet) und untere Beamte.

Eine besondere Stellung nehmen die Richter ein, die zur Sicherung ihrer Unabhängigkeit besondere Garantien gemessen und die Offiziere; letztere werden nicht zu den Beamten (im Sinne des Beamtenrechts) gerechnet, wohl aber erstere.

§ 3. Begründung des Dienst- und Amtsverhältnisses. Das Beamtenverhältnis wird durch Anstellung begründet, über welche eine Urkunde ausgefertigt (Bestallung) und zwar entweder vom Staatsoberhaupt oder der von diesem bezw. gesetzlich delegierten Verwaltungsstelle vollzogen wird. Die Anstellung ist entweder auf Lebenszeit fest oder widerruflich, das Recht zum Widerruf wird indes vielfach nach Ablauf gewisser Zeit aufgehoben (vgl. Bayer. Ges. Art. 8). Auf Kündigung (gewöhnlich 3 Monate) werden häufig Beamte für untergeordnete Dienstleistungen angenommen. Vorbedingung für Anstellung ist der Nachweis der erforderlichen Befähigung (Vorbildung, Prüfungen), oft auch Ableistung eines Probedienstes. Verschieden von Anstellung ist Übertragung eines bestimmten Amtes, hierbei ist besondere Bestallung Voraussetzung. Durch Anstellung erfolgt gleichzeitig Aufnahme, in den Staatsverband. – Die früher in


  1. Die Anstellungsgrundsätze vom 27. Juni 1907. Anstellungs-Nachrichten für Offiziere v. 30. Jan. 1013, beide her. vom Kgl. Pr. Kriegsministerium (bei E. Mittler u. Sohn).
  2. Die Abgrenzung ist vielfach nicht unzweifelhaft z. B. hinsichtlich der Lehrer an Gemeindeschulen, (vgl. Bitter a. a. O.).
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 3. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_3.pdf/120&oldid=- (Version vom 17.11.2021)