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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

Kandidaten der bürgerlichen politischen Parteien fördern, welche nicht nur behaupten, sondern auch die Gewähr dafür bieten, dass sie sich auch in ihrer parlamentarischen Tätigkeit für die praktische Durchführung dieser Richtlinien und für den Hansa-Bund mit Entschiedenheit einsetzen werden.
III. Im einzelnen wird der Hansa-Bund eintreten:
1. Im Staatsleben:
a) gegen die Gewährung von nicht durch das Gesamtwohl gebotenen Sondervorteilen oder Vorrechten an einzelne Stände oder Gesellschaftsklassen.
b) für freie Bewegung und Entwicklung von Gewerbe, Handel und Industrie, also gegen unnötige Eingriffe, Verfügungen und Verordnungen von Staats- und Verwaltungsbehörden.
c) für die praktische Durchführung und ausnahmslose Verwirklichung des (auch für die Stellung des erwerbstätigen Bürgertums im Staate entscheidenden) Grundsatzes, dass alle Staatsstellen ausschliesslich mit Rücksicht auf die persönliche Tüchtigkeit und Befähigung des Bewerbers vergeben werden dürfen.
Zur Ermöglichung einer allgemeinen Durchführung dieses Satzes würden insbesondere die Stellen im auswärtigen Dienste des Reiches besser als bisher zu besolden sein.
d) für Vereinfachung des Verwaltungsapparates und Verminderung des Schreibwerks in der Reichs-, Staats- und Kommunal-Verwaltung und in den Staats- und Kommunalbetrieben und für Übertragung aller Verfügungen und Eintragungen, welche eine juristische, technische oder staatswissenschaftliche höhere Vorbildung nicht mit Notwendigkeit erfordern, an die Gerichtsschreiberei oder Kanzlei; für eine weitere Berücksichtigung und raschere Erledigung der aus gewerblichen Kreisen an die Verwaltung und Gesetzgebung gestellten berechtigten Forderungen, insbesondere auf dem Gebiete der Handelspolitik, der Zoll-, Steuer- und Wasser-Gesetzgebung und der Genehmigung gewerblicher Anlagen; für eine umfassendere Beteiligung der kaufmännisch, gewerblich und technisch gebildeten Kreise an der Staats-Verwaltung; für eine dem heutigen Wirtschaftsleben angepasste Gestaltung des Unterrichts an unseren Volksschulen, gewerblichen und kaufmännischen Fortbildungsschulen, höheren Lehranstalten und Universitäten; für eine praktische Ausbildung und Fortbildung unserer Gerichts- und Verwaltungs-Beamten.
e) für eine – auch mit Rücksicht auf die gewerblichen Interessen notwendige – grössere Selbständigkeit und Unabhängigkeit der kommunalen Selbstverwaltung, unter angemessener Beschränkung des Aufsichts-, Bestätigungs- und Verfügungsrechts der Vorgesetzten Verwaltungsstellen.
2. In der Finanzpolitik:
a) für die Durchführung des Grundsatzes, dass vor Bewilligung der Staats-Ausgaben die Art der Deckung derselben feststehen muss, die nach den sub b–c verzeichneten Grundsätzen zu erfolgen hat.
b) für eine gerechte, also auch eine etwa geringere Leistungsfähigkeit einzelner Erwerbsstände berücksichtigende Verteilung der Reichs- und Staatssteuern sowie der sozialen Lasten und für die Berücksichtigung wirtschaftlicher Notstände, wie Streiks und Boykotts, bei der Einziehung der Steuern der gewerblichen Unternehmungen für das laufende Jahr.
Vor allem aber:
c) für eine gerechte Verteilung der direkten Steuern und Lasten unter sämtliche Erwerbsstände und unter die Einzelnen nach Besitz und Leistungsfähigkeit und für die Einführung sachgemäss auszugestaltender allgemeiner Besitzsteuern, wie einer Erbanfallsteuer, mit denjenigen Vorsichtsmassregeln, welche gegen eine unbegrenzte Erhöhung und eine die wirtschaftlichen Interessen schädigende Art der Einziehung geboten sind, und gegen das Herausgreifen einzelner Steuerobjekte in der Absicht oder mit dem Erfolg einseitiger Belastung einzelner Erwerbsgruppen.
Zwecks gerechter Veranlagung der direkten Steuern für eine von der politischen Verwaltung völlig unabhängige Einschätzungsbehörde, in welcher alle gewerblichen Kreise, einschliesslich der Landwirtschaft, gleichmässig als mitentscheidende Faktoren vertreten sein müssen.
3. In der Verkehrspolitik:
a) für die Leitung dieser Politik unter dem alleinigen Gesichtspunkt der Förderung des Verkehrs, also unter Zurückstellung einseitiger fiskalischer Interessen.
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/82&oldid=- (Version vom 5.9.2021)