Seite:Handbuch der Politik Band 2.pdf/81

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

diesen Kreisen in ausreichender Zahl rechtzeitig angehört werden und dass das Gleiche vor dem Erlass von Einführungs- oder Ausführungs-Gesetzen oder Verordnungen geschehe.
b) dass in Staatsbetrieben und in der Staatsverwaltung zur Mitentscheidung solcher Fragen, welche kaufmännische, gewerbliche oder industrielle Kenntnisse voraussetzen, ständige Beiräte aus den gedachten gewerblichen Kreisen eingesetzt werden.
c) dass in die Kreis- und Provinzial-Ordnungen oder in die entsprechenden Verwaltungs-Ordnungen der Einzelstaaten, in Abänderung des jetzigen Zustandes, Bestimmungen aufgenommen werden, welche eine gerechte Vertretung von Gewerbe, Handwerk, Handel und Industrie sichern.
d) dass das Wahlrecht für die Landtage (Zweiten Kammern) in allen Bundesstaaten jedenfalls den modernen Erfordernissen der direkten und geheimen Wahl entsprechen muss, um insbesondere die kleingewerblichen Kreise und das Handwerk bei der Stimmabgabe vor jedem unberechtigten Druck zu schützen.
e) dass die Wahlkreise im Reiche und in den Bundesstaaten eine auch den Interessen von Gewerbe, Handel und Industrie entsprechende anderweite Einteilung erfahren.
f) dass auch den im Hansa-Bund vereinten Erwerbsgruppen, unbeschadet des den Landesherren zustehenden Ernennungsrechtes, ein gesetzliches Recht auf Sitz und Stimme in den ersten Kammern (auch im Preussischen Herrenhause) eingeräumt werde.
II. Bei der Durchführung dieser Grundsätze wird der Hansa-Bund
1. die nationalen Interessen allen einseitigen gewerblichen Interessen bedingungslos voranstellen.
Der Hansa-Bund wird daher für die Bewilligung derjenigen Mittel eintreten, welche im nationalen Interesse, also zur Sicherung unserer Gesamtwirtschaft nach Innen und unserer wirtschaftlichen, finanziellen und politischen Machtstellung nach Aussen, notwendig sind, unter Beachtung der zur Erhaltung unserer finanziellen Kriegsbereitschaft erforderlichen Voraussetzungen und derjenigen Deckungsgrundsätze, welche in diesen Richtlinien sub III, Ziffer 2a, b und c festgestellt sind.
2. alle auf Erregung von Unzufriedenheit in den einzelnen Erwerbsgruppen sowie alle auf die Verschärfung der Klassengegensätze und auf die Vernichtung unserer konstitutionell-monarchischen Staatsordnung und unserer Wirtschaftsordnung gerichteten Bestrebungen mit aller Entschiedenheit bekämpfen und gleichzeitig die Voraussetzungen und Grundlagen dieser Bestrebungen, welche im schärfsten Gegensatz zu den Grundsätzen des Hansa-Bundes stehen, zu beseitigen versuchen, insbesondere durch Herbeiführung einer gerechten, d. h allen Erwerbsständen gleichermassen gerecht werdenden Politik auf sämtlichen Gebieten des Staatslebens.
3. ausschliesslich die gemeinsamen berechtigten Interessen und Forderungen der in ihm vereinten Erwerbsgruppen einschliesslich der Angestellten vertreten, fördern und vor Argriffen und Schädigungen schützen, nicht aber irgendwelche Sonderforderungen oder Sonderinteressen einzelner Erwerbsgruppen oder ihrer Angehörigen.
Er wird jedoch im allgemeinen staatlichen und nationalen Interesse auf die tunlichste Ausgleichung oder Annäherung der verschiedenen in ihm vertretenen wirtschaftlichen und sozialpolitischen Richtungen und Interessen hinwirken, um eine mittlere Linie zwischen den sonst zum Schaden der Gesamtinteressen und des Staates leicht auseinanderstrebenden Forderungen zu finden. Die Vermittlung in einzelnen konkreten Streitfragen wird der Hansa-Bund übernehmen, wenn dies von beiden Seiten gewünscht wird. Im übrigen wird sich der Hansa-Bund in sozialpolitischen Fragen, unter Innehaltung strengster Neutralität, jeder Tätigkeit da enthalten, wo die Vertretung entgegengesetzter Interessen nach Obigem Sache der für diese Aufgaben bestehenden Sonderverbände sein muss.
4. seine Reihen jedem, gleichgültig, welcher bürgerlichen politischen Partei er angehört, und ohne Unterschied der religiösen Überzeugung oder des Geschlechts, offen halten, welcher durch seine Beitrittserklärung die Satzungen und die Richtlinien des Hansa-Bundes zu den seinigen macht, so dass insbesondere auch jede Austragung rein politischer oder konfessioneller Gegensätze oder Interessen dem Hansa-Bunde fernliegt.
5. daran festhalten, dass er selbst keine politische Partei ist und sich mit keiner identifiziert, da alle seinen Richtlinien zustimmenden Mitglieder der verschiedenen bürgerlichen politischen Parteien ihm angehören können, dass er vielmehr eine wirtschaftliche Vereinigung ist mit den durch ihre Richtlinien bedingten wirtschaftspolitischen Zielen. Behufs Erreichung dieser Ziele wird der Hansa-Bund gelegentlich der Wahlen die Aufstellung und Durchsetzung solcher – in erster Linie aus seinen eigenen Reihen zu entnehmender –
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/81&oldid=- (Version vom 5.9.2021)