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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

durch die einheimische Landwirtschaft, soweit die Volksernährung darunter nicht leidet. Reichsgesetzlicher Schutz gegen Verfälschung der wichtigsten landwirtschaftlichen Betriebsstoffe. Hebung des Bauernstandes unter Bildung neuer Stellen im Wege der inneren Kolonisation. Beschleunigte staatliche Erschliessung von Moor und Heide und ihre Aufteilung in lebensfähige kleinbäuerliche Betriebe. Angemessene Beteiligung des Bauernstandes an der Kreisverwaltung. Massnahmen gegen die Leutenot, insbesondere durch vermehrte Besiedelung von Arbeitern auf dem Lande. Gesetzliche Vorsorge gegen das Ueberhandnehmen des gebundenen Besitzes. Besondere Berücksichtigung des platten Landes beim Ausbau des Eisenbahnnetzes und der sonstigen Verkehrseinrichtungen; billige Eisenbahntarife für Dünge-, Futtermittel, Viehtransport etc. Ausreichende Staatsmittel und geeignete Verwaltungsorganisationen für die Landesmelioration, insbesondere für eine rationelle Wasserwirtschaft, für den Wegebau, für das landwirtschaftliche Unterrichts- und Versuchswesen; Schutz und Förderung des Obst- und Weinbaues. Pflege des Genossenschaftswesens, insbesondere für wohlfeilen Personalkredit, zum Bezuge der Betriebsstoffe zur Verarbeitung und Verwertung der Erzeugnisse. Sorge für gesunde Entwickelung des Realkredits. Voller Schutz der heimischen Viehbestände gegen Seuchengefahr unter verständiger Handhabung der Seuchengesetzgebung.

Industrie und Handel.

Schutz und Förderung des gesamten deutschen Erwerbslebens. Erhaltung und Erweiterung der Produktionsmöglichkeiten. Anerkennung der Berechtigung einer massvollen Schutzzollpolitik. Kraftvolle Vertretung der deutschen Interessen bei Abschluss von Handelsverträgen. Schaffung von zureichenden Uebergangsbestimmungen bei Neuregelung handelspolitischer Verhältnisse. Stärkere Rücksichtnahme auf die weltwirtschaftlichen Interessen des deutschen Reiches bei Ausbildung, Auswahl und Tätigkeit der Botschafter, Gesandten und Konsularbeamten. Förderung des überseeischen Handels und der deutschen Schiffahrtsinteressen. Rücksicht auf die internationale Konkurrenz bei Massnahmen der sozialen Gesetzgebung. Keine Einengung der wirtschaftlichen Tätigkeit durch zu weitgehende bürokratisch-formelle Aufsichtsvorschriften.

Mittelstand.

Förderung aller Bestrebungen zur Erhaltung und Hebung des Mittelstandes.
Gerechtere Heranziehung der Konsumvereine, der Fabrik- und sonstigen Konsumanstalten, auch der Militär- und Zivilbeamtenvereine zu den staatlichen und Gemeindesteuern.
Keinerlei Begünstigung der Beamten- und Offiziersvereinigungen durch die Behörden.
Sachgemässe Abgrenzung des Fabrikbetriebes vom Handwerksbetrieb. Gleichmässige Verteilung der Lasten für das Lehrlings- und Fachschulwesen auf alle mitbeteiligten Betriebe. Sicherung eines allgemeinen Fortbildungsunterrichts für beide Geschlechter, unter Zubilligung angemessener Beihilfen an die Gemeinden.
Sicherung einer gediegenen fachlichen Ausbildung der Lehrlinge.
Reichgesetzliche Regelung der Submissionen.
Beschäftigung der Insassen von Gefängnissen in landwirtschaftlichen Betrieben und soweit nicht durchführbar möglichst nur für den eigenen Bedarf des Staates.
Aufhebung des § 100 q der Gewerbeordnung, nach welchem Zwangsinnungen verboten ist, Mindestpreise für ihre Mitglieder festzusetzen.
Stärkere Berücksichtigung der Handwerker bei Lieferungen an Reich und Staat.
Energische Handhabung der Gesetze gegen den unlauteren Wettbewerb und zum Schutze des Bauhandwerkes.
Staatliche Massnahmen zum Schutze und zur Förderung des Kleinhandels.

Beamtenstand.

a) Schaffung eines einheitlichen den Anschauungen der Zeit entsprechenden Beamtenrechts. Insbesondere Durchsicht des Disziplinarverfahrens, Beseitigung der Arreststrafen für Unterbeamte, Zulassung der Wiederaufnahme des Verfahrens.
Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 33. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/49&oldid=- (Version vom 2.9.2021)