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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

33. Abschnitt.


Nationalliberale.
Von
Ernst Bassermann, M. d. R.,
Rechtsanwalt in Mannheim.


Literatur:

Mitteilungen für die Vertrauensmänner der natlib. Partei. Verlagsbuchhandlung d. natlib. Partei Berlin W. 9; –
Programmatische Kundgebungen der natlib. Partei 1866–1909, Verlag ebendort, 1909; –
Politisches Handbuch der natlib. Partei, 1907, Verlag ebendort; –
1. Nachtrag 1910 z. vor., 1910. –
Onken: Bennigsen; Dr. Böttcher: Stephani, Leben und Wirken in der natl. Partei.


Im Jahre 1866 entstand die nationalliberale Partei.

Im preussischen Abgeordnetenhause bildete sich als Ausdruck der Stimmung eines Teils der preussischen Fortschrittspartei nach dem Siege über Oesterreich im November 1866 die „Neue Fraktion der nationalen Partei“. Als aber der konstituierende Reichstag des norddeutschen Bundes auf Grund des allgemeinen gleichen geheimen und direkten Wahlrechts am 12. Februar 1867 gewählt war, da erstand die Fraktion der nationalliberalen Partei des norddeutschen Reichstags am 20. Februar 1867 und Rudolf von Bennigsen wurde ihr Vorsitzender. Ihre Entstehungsgeschichte blieb massgebend für Wesen und Ziele der Partei. In den Kämpfen um die nationale Wiedergeburt Deutschlands, wie sie sich in dem Werdegang des Nationalvereins und seines Vorkämpfers von Bennigsen verkörpern, in dem heissen Ringen Preussens um die Vormacht in Deutschland, unter dem Donner der Kanonen von Königgrätz ist der nationalliberale Gedanke geboren und diejenigen, die ihm die Form gaben, waren liberale Männer, die ihr Leben in den Dienst liberaler Weltanschauung gestellt hatten.

Die Zeit bis zum Ende der 70er Jahre war die Glanzzeit der Partei. Als stärkste Partei des Reichstages drückte sie der Gesetzgebung ihren Stempel auf und wie sie die Partei der Reichsgründung war, so war sie es auch, unter deren hervorragenden Mitwirkung Bismarck den Ausbau des Reichs im Inneren vollendete. Als die grossen Erinnerungen in den Hintergrund traten, als sich die wirtschaftliche Lage Deutschlands gegen das Ende der 70er Jahre verschlechterte, da traten erstmals Schwierigkeiten in der nationalliberalen Partei hervor. Der Kampf um Schutzzoll und Freihandel begann, wühlte die Nation auf und in seinem Gefolge trennten sich die schutzzöllnerische Gruppe Völk-Schauss und die Freihändler unter Bamberger und Stauffenberg von der Nationalliberalen Partei, deren Machtstellung dadurch gebrochen wurde. Für den Liberalismus kamen schwere Zeiten, immer stärker befehdeten sich die Liberalen verschiedener Schattierung untereinander und legten damit den Grund zur Ohnmacht des Liberalismus.

Mit der Waffe der wirtschaftlichen Interessen war 1879 und 1880 die nationalliberale Partei auseinandergeschlagen worden, und lange wirkten die Kämpfe zwischen Schutzzöllnern und Freihändlern nach und erschütterten das Parteigefüge.

So waren die nächsten Jahre bis 1884 ausgefüllt mit Auseinandersetzungen innerhalb der Partei und die Wahlresultate entsprachen diesem Hader. Die Partei, die einst 152 Abgeordnete

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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/41&oldid=- (Version vom 1.9.2021)