Seite:Handbuch der Politik Band 2.pdf/367

Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

belgischen und sardinischen Silbermünzen des Frankensystems und seit 1860 auch dessen Goldmünzen als vollgültige Zahlungsmittel zugelassen, und diese Münzen bildeten sogar die Hauptmasse der Umlaufsmittel, da die Schweiz selbst damals nur sehr wenig prägte. Es war dies nach der Bezeichnung von Knapp ein System des „Synchartismus“ und zwar eines einseitigen, dem erst 1865 ein vertragsmässiger folgte.

Ein streng einheitliches eigenes Währungsgeld war bis zum Anfang des neunzehnten Jahrhunderts eigentlich nirgendwo zu finden. Es fehlte nicht an Gesetzen über die Regelung der Zahlungskraft der Münzen, aber die seit der Geldreform Karls des Grossen kontinuierlich fortschreitende Münzverschlechterung führte Zustände herbei, die den Verkehr zur Selbsthilfe zwangen, es gab tatsächlich keine Geldarten mit praktisch wirksamer unbeschränkter Zahlungskraft, sondern die Verträge wurden auf bestimmte Geldsorten abgeschlossen, und diese hatten dann also nicht eine gesetzliche, sondern eine vertragsmässige Zahlungskraft. Die Gesetzgebung trat allerdings vielfach dieser Geschäftspraxis entgegen; namentlich wurde im späteren Mittelalter in Frankreich durch zahlreiche königliche Ordonanzen verboten, Verträge auf bestimmte Gold- oder grobe Silbermünzen abzuschliessen, sondern es sollten alle Verträge nur auf Livres und Sols lauten, also auf Rechnungseinheiten, die durch bestimmte Zahlen der kursierenden schlechten Münzen darzustellen waren. Aber diese Verbote blieben wirkungslos, und es bestanden tatsächlich im Verkehr mehrere Zahlungssysteme nebeneinander. Im Grosshandel herrschte im 14. Jahrhundert das Gold vor, aber wieder in verschiedenen ausbedungenen Sorten oder auch in einer blossen Rechnungseinheit, dem Scutus Marcarum, die durch Münzen aus bestimmten zuverlässigen Prägestätten dargestellt wurde. Seit dem 16. Jahrhundert überwogen die groben Silbermünzen, so in Deutschland die Speziestaler, nach denen z. B. die Hamburger Bank ihre Konten führte, bis sie 1773 zum Barrensystem überging. Im Kleinverkehr aber bildeten die schlechten kleinen Silbermünzen das Umlaufsmittel, die bestimmte Teilstücke der Hauptmünzen sein sollten, sich aber als solche nicht behaupten konnten, da die groben Münzen ihnen gegenüber ein mehr oder weniger hohes Agio erhielten. Man pflegt diese Geldverfassung als Parallelwährung zu bezeichnen, obwohl es bei ihr ein allgemein gültiges Währungsgeld gar nicht gab. Sie erhielt allmählich auch gesetzliche Anerkennung, so schon in der Reichsmünzordnung von 1559, und in einem Erlass Friedrichs d. Gr. vom 12. Januar 1762 wird es ausdrücklich als eine auf selbstverständliche Billigkeit begründete Rechtslehre erklärt, dass Darlehen in eben der Münzsorte, in der sie gegeben worden, auch zurückgezahlt würden. Man kann dieses System mit Helfferich auch als das des Sortengeldes bezeichnen.

Praktische Bedeutung hat die Währungsfrage in dem oben bezeichneten Sinne erst seit der Einführung des Frankensystems erlangt. Von alters her waren Gold- und Silbermünzen in Gebrauch, aber sie waren nach dem eben Gesagten Sortengeld, nicht im heutigen Sinne Währungsgeld. Als die Parallelwährung genau geregelt war, bestand sie aus vollwertigen Gold- und Silbermünzen, die nicht in einem gesetzlich festgestellten Wertverhältnis zu einander standen; und die einen wie die anderen waren entweder vertragsmässig oder nach dem Verkehrsgebrauch oder auch nach gesetzlicher Vorschrift nur für bestimmte Zahlungen verwendbar. So war der preussische Friedrichdor nach den Edikten von 1750 und 1764 gleich fünf Talern Gold gesetzt und hatte von Anfang an gegenüber den Kuranttalern in Silber ein beträchtliches und im ganzen steigendes Agio. Ein Teil der Domainenpachtgelder, der Verkaufspreise für Holz aus den Staatsforsten, der Akziseabgaben und Zölle musste in Gold bezahlt werden, andererseits aber erhielten die Offiziere vom Hauptmann an und die höhern Zivilbeamten auch ein Fünftel ihrer Gehälter in Gold. Im Privatverkehr war namentlich für Pachten und Mieten, Pferdekäufe und Honorare Goldzahlung üblich. Selbst das Münzgesetz vom 30. September 1821 stellte noch kein festes Wertverhältnis für Gold und Silber auf, und erst eine Kabinettsordre vom 21. November 1831 bestimmte, dass bei Zahlungen, die in Silber bei den Staatskassen zu leisten seien, der Friedrichdor zu dem (ungünstigen) festen Kurs von 5⅔ Tlr. angenommen werden solle. Auch die Goldzahlungen konnten jetzt durch Silber mit Aufgeld ersetzt werden, kamen aber allmählich ab, da nur noch wenig Friedrichsdor im Umlauf waren. Erst 1848 wurde die teilweise Zahlung der Gehälter in Gold aufgehoben. In Hannover blieb die Parallelwährung mit Pistolen zu 5 Tlr. Gold, später auch mit Goldkronen von 1857 und Silberkuranttalern noch

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 351. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/367&oldid=- (Version vom 15.10.2021)