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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

Bekanntmachungen oder in Mitteilungen, die für einen grösseren Kreis von Personen bestimmt sind, über geschäftliche Verhältnisse, insbesondere über die Beschaffenheit, den Ursprung, die Herstellungsart oder die Preisbemessung von Waren oder gewerblichen Leistungen, über die Art des Bezugs oder die Bezugsquelle von Waren, über den Besitz von Auszeichnungen, über den Anlass oder den Zweck des Verkaufs oder über die Menge der Vorräte unrichtige Angaben macht, die geeignet sind, den Anschein eines besonders günstigen Angebots hervorzurufen, kann auf Unterlassung der unrichtigen Angaben in Anspruch genommen werden. Handelt es sich hierbei um wissentlich unwahre und zur Irreführung geeignete Angaben, so kann auf Gefängnisstrafe bis zu einem Jahre und Geldstrafe bis zu 5000 Mark erkannt werden. – Waren, die aus einer Konkursmasse stammen, dürfen als solche nur solange bezeichnet werden, als sie zur Konkursmasse gehören. – Bei Ankündigung von Ausverkäufen ist der Grund anzugeben, der zu dem Ausverkauf Anlass gegeben hat; Waren nur zum Zwecke des Ausverkaufs herbeizuschaffen, ist verboten (Vorschieben oder Nachschieben von Waren). – Wer zu Zwecken des Wettbewerbs über das Erwerbsgeschäft eines andern, über die Person, über die Waren oder gewerblichen Leistungen eines andern Tatsachen verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Geschäfts oder den Kredit des Inhabers zu schädigen, ist, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind, dem Verletzten zum Ersatze des entstandenen Schadens verpflichtet. Der Verletzte kann auch den Anspruch geltend machen, dass die Behauptung oder Verbreitung der Tatsachen unterbleibe. Auf solche Mitteilungen wider besseres Wissen steht Gefängnis oder Geldstrafe. – Wer im geschäftlichen Verkehr einen Namen, eine Firma oder die besondere Bezeichnung eines Erwerbsgeschäfts, eines gewerblichen Unternehmens oder einer Druckschrift in einer Weise benutzt, welche geeignet ist, Verwechslungen mit dem Namen der Firma oder der besonderen Bezeichnung hervorzurufen, deren sich ein anderer befugterweise bedient, kann von diesem auf Unterlassung der Benutzung in Anspruch genommen werden. Unter Umständen ist dem Verletzten Ersatz des Schadens zu gewähren. – Mit Gefängnis bis zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu 5000 Mark oder mit einer dieser Strafen wird bestraft, wer als Angestellter, Arbeiter oder Lehrling eines Geschäftsbetriebs, Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, die ihm vermöge des Dienstverhältnisses anvertraut oder sonst zugänglich geworden sind, während der Geltungsdauer des Dienstverhältnisses unbefugt an andere zu Zwecken des Wettbewerbs oder in der Absicht, dem Inhaber des Geschäftsbetriebs Schaden zuzufügen, mitteilt. Ausserdem liegt Schadenersatzpflicht vor. Der Anstifter ist ebenfalls strafbar. – Das Gesetz über den unlauteren Wettbewerb hat in der Praxis schon jetzt zu vielen kleinen, oft lächerlichen Verwaltungsmassnahmen geführt. Überdies gehen die Entscheidungen der Gerichte sehr auseinander, so dass die Folge eine stark empfundene Rechtsunsicherheit ist.

11. Die Warenhäuser. Die Herausbildung von Grossbetrieben im Detailhandel, die auf kapitalistischer Grundlage eine weitgehende Kombination der Warenhaltung zur Durchführung bringen und ihren Boden vor allem in grösseren Städten finden, hat im Interesse des alten Detailhandels, der sich durch diese Entwickelung bedroht fühlte, zu weitgehenden Massnahmen gegen die sog. Warenhäuser geführt. Und zwar gehen diese fast ausschliesslich in der Richtung einer besonderen Steuer; die Materie wird in Deutschland durch die Landesgesetzgebung geregelt.

In Preussen gilt das Gesetz vom 18. VII. 1900. Steuerpflichtig sind die Warenhäuser und sonstigen Grossbetriebe des Kleinhandels, die in ihren Räumen mehr als vier Warengruppen feilbieten, und deren Umsatz einschliesslich der Filialen mehr als 400 000 Mk. im Jahr beträgt. Die vier im Gesetz festgelegten Warengruppen sind die folgenden: 1. Materialwaren, Kolonial- und Esswaren, Trinkwaren und Drogen. 2. Kurzwaren, Bekleidungs- und Wohnungseinrichtungsgegenstände. 3. Haus-, Küchen- und Gartengerätschaften. 4. Gold-, Silber-, Juwelier-, Kunst- und Galanteriewaren. Die Steuersätze werden nach dem Umsatz bemessen; sie beginnen mit 1% bei einem solchen von 400 000 Mark und erreichen in langsamer Steigerung das Maximum von 2% bei einem Umsatz von 1 Mill. Mark. Wenn die Steuer mehr als 20% des gewerbesteuerpflichtigen Ertrages ausmacht, ist sie auf Antrag auf diesen Ertrag zu ermässigen; sie muss aber mindestens die Hälfte des eigentlichen Soll betragen. Die allg. Gewerbesteuer muss von den Warenhäusern ausserdem bezahlt werden. Steuerfrei sind Betriebe von Genossenschaften und Vereinen, die ausschliesslich die eigenen Bedürfnisse der Mitglieder decken und die ihnen gleichstehenden Geschäftsbetriebe. Grosse Spezialgeschäfte sind steuerfrei, jedoch nicht dann, wenn sie zur Umgehung der Steuer aus der Zerlegung eines Warenhauses entstanden sind. Der Ertrag der Steuer belief sich 1901 auf: 3,0; 1902: 1,9; 1903: 1,9; 1904: 1,9; 1905: 2,1; 1906: 2,5; 1907: 2,6; 1908: 2,7; 1909: 2,5 Mill. Mark. Die Ergebnisse fliessen den Gemeinden zu, und zwar zunächst zur Erleichterung der Abgaben der Gewerbesteuerpflichtigen III. und IV. Klasse, im übrigen zur Deckung allg. Gemeindebedürfnisse. Die Zahl der besteuerten Betriebe belief sich im Jahre 1901 auf 109, ging im Jahre 1903 auf 73 zurück, um im Jahre 1909 auf 101 anzusteigen. Zur Zeit sind Bestrebungen im Gange, die Steuer zu erhöhen. – Warenhaussteuern bestehen in vielen anderen deutschen Bundesstaaten. (Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden, Sachsen-Coburg-Gotha, Hamburg, Lübeck, Elsass-Lothringen etc.) Vielfach ist die Regelung so, dass keine allgemeine Landessteuer besteht, sondern den Gemeinden überlassen ist, sie einzuführen. In Bayern werden sogar alle Grossbetriebe des Kleinhandels, „die durch Ausdehnung und Geschäftsverfahren von den überkommenen Formen des Warenhandels wesentlich abweichen,“ (also auch Versandgeschäfte, Spezialgeschäfte etc.) mit einer progressiven Steuer belegt, die von ½–3% des Umsatzes steigt und noch besondere Kommunalzuschläge vorsieht. – Nach dem Willen derer, die diese Warenhaussteuern am lautesten

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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 306. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/322&oldid=- (Version vom 7.10.2021)