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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2

Da die badisch-schweizerische Rheinstrecke von Basel bis Konstanz einen treppenförmigen Längenschnitt aufweist, und Strecken mit schwachem Gefälle und reichlicher Wassertiefe mit einzelnen Stromschnellen wechseln, können sich die technischen Massnahmen zur Schiffbarmachung im wesentlichen auf die Kanalisierung der Stromstrecken mit ungenügender Wassertiefe beschränken, bei denen die Stromschnellen durch Wehre überstaut und die Gefälle durch Schleusen überwunden werden. Ausserdem muss der Rheinfall bei Schaffhausen durch einen Schleusenkanal umgangen und eine Anzahl von Brücken neu gebaut werden.

Entgegen der vielfach verbreiteten Meinung werden sich die Strombauten zur Schiffbarmachung dieser ganzen Stromstrecke ohne übermässige technische Schwierigkeiten durchführen lassen. Die Kosten werden sogar voraussichtlich hinter denjenigen zurückstehen, die selbst im Flachland meist für die Anlage eines Grossschiffahrtsweges von gleicher Länge aufzuwenden sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass bei Erschliessung der 123 km langen Stromstrecke Basel-Schaffhausen für die Schiffahrt, zugleich auch die über 90 km lange Strecke Schaffhausen-Bregenz dem grossen Rheinverkehr geöffnet werden wird. Denn nur an einzelnen Punkten zwischen Schaffhausen und Konstanz werden Verbesserungen am Schiffsweg vorzunehmen sein, während von Konstanz an der Bodensee nach allen Richtungen hin ein Fahrwasser von überreichlicher Tiefe bildet.

Bei der Herstellung des Grossschiffahrtsweges vom Bodensee nach Basel werden umfangreiche bauliche Anlagen namentlich auf der rund 15 km langen Strecke von Schaffhausen abwärts nötig werden, wo die Durchführung des Schiffsweges durch die Stadt Schaffhausen, die Umgehung des Rheinfalls und die Überwindung der anschliessenden stark gewundenen Rheinauer Schleife grössere Wasserbauten erforderlich machen. Im ganzen werden zur Überwindung des 41,5 m betragenden Gefälles dieser Stromstrecke 4 bis 5 Schleusen erbaut werden müssen. Die Umgehung des Rheinfalles selbst wird durch die vorhandene starke Windung des Stromes erleichtert, indem sich Gelegenheit bietet, die Landenge am linken Ufer mit einem kurzen oberhalb des Falles abzweigenden Kanal zu durchqueren. Dieser Kanal müsste in einem tiefen Einschnitt oder in einem kurzen Kanaltunnel den Höhenrücken hinter dem Schloss Laufen durchschneiden und dann mit Schleusen oder auch durch ein Schiffshebewerk zum Unterwasser des Falles hinabgeführt werden. Eine Schädigung des Landschaftsbildes wird sich dabei vermeiden lassen.

Auf der anschliessenden 108 km langen Flussstrecke abwärts bis Basel sind ungewöhnliche Schwierigkeiten nicht zu erwarten. Die erforderlichen Wehre müssen hier schon zur Ausnutzung der Wasserkräfte erbaut werden, sodass im wesentlichen nur der Einbau genügend grosser Schleusen zur Herstellung des Schiffahrtsweges nötig wird. Gelpke hält für die Erschliessung dieser ganzen Strecke für die Schiffahrt 5 Staustufen mit Schleusen bei Augst-Whylen, Rheinfelden, Nieder-Schwörstadt, Laufenburg und Waldshut für ausreichend. Von diesen Staustufen ist die unterste bei Augst-Whylen bereits fertig gestellt und – dank dem Eingreifen der Schiffahrtsverbände – auch mit einer Schleuse in ausreichenden Abmessungen von 90 m Länge und 12 m Breite ausgerüstet,[1] die es auch grossen Rheinkähnen möglich macht, die 20 km lange Flussstrecke oberhalb Basel bis zu dem aufblühenden Industrieort Rheinfelden zu befahren. Bei Rheinfelden ist eine Wehranlage ohne Schiffsschleuse bereits in den Jahren 1895–1899 zum Zweck der Kraftgewinnung hergestellt worden, so dass hier nachträglich eine Schleuse eingebaut werden muss. In Laufenburg befindet sich gleichfalls eine Wehranlage in Ausführung, bei deren allerdings ungenügend langen Schleuse insofern auf den späteren Umbau in eine Grossschiffahrtsschleuse Rücksicht genommen worden ist, als die Schleuse eine ausreichende Breite von 12 m erhalten hat. So ist denn bereits ein bescheidener Anfang mit der Fortführung des Grossschiffahrtsweges des Rheines über Basel hinaus zum Bodensee gemacht worden. Damit ist eine Wasserstrasse der Verwirklichung näher gerückt, die nach ihrer Eröffnung zweifellos allen berührten Staaten reichen Nutzen bringen, einem grossen und dicht bevölkerten Gebiet neue wirtschaftliche Möglichkeiten eröffnen, den Absatz der Industrie am Unterrhein erweitern und durch die Möglichkeit des Anschlusses an die Donau und durch die Aare an die Rhone einst eine grosse internationale Bedeutung erlangen kann.


  1. Th. Rehbock. Die Schleusenabmessungen des Rheinschiffahrtsweges bis zum Bodensee. Schweizerische Wasserwirtschaft 1909 Nr. 16 und 19.
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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 281. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/297&oldid=- (Version vom 2.10.2021)