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mit beschränkter Haftung, offenen Handelsgesellschaften, Kommanditgesellschaften, Gesellschaften des bürgerlichen Rechtes und Genossenschaften erhoben werden. Nach dieser Richtung sind insbesondere 1913 unter Uebernahme preussischer „Gebühren“ Reichssteuern geschaffen worden, z. B. von Aktiengesellschaften bei ihrer Gründung mit 4½% des Grundkapitals, von Gesellschaften m. b. H. gemeinhin mit 3% vom Stammkapital, für offene Handels- und Kommandit-Gesellschaften mit 0.1% des Wertes der Einlagen. Daneben Steuern auf das Einbringen von nicht in Geld bestehendem Vermögen in eine Aktiengesellschaft, Kommanditaktien-, Aktiengesellschaft oder G. m. b. H. mit ⅔% und anderes mehr von geringerer Bedeutung.

Eine dritte Kategorie solcher Steuern vom „Produktionsaufwand“ sind die Steuern, die bei Aufbringung von Kapital durch Ausgabe zirkulations- und börsenfähiger Wertpapiere zu entrichten sind, Steuern, die gegenwärtig mit 2% von Schuldverschreibungen der Aktiengesellschaften, mit 1% von Schuldverschreibungen ausländischer Staaten und anderer ausländischer öffentlicher Körper, mit ½% von Schuldverschreibungen inländischer Kommunen usw. erhoben werden. Soweit von öffentlichen Körpern gezahlt, erhöhen sie auch die Produktionskosten (der Leistungen) dieser, was aber ihrem Charakter als Steuern vom Produktionsaufwand nicht Abbruch tut.

Diese Steuern sind zum grossen Teile 1913 neu geregelt, Erträge sind auf der neuen Basis noch nicht zu buchen. Auf der früheren Basis trugen die Steuern von Wertpapieren 1912 zusammen 55.7 Mill. M.

Eine vierte Kategorie von Steuern auf den Produktionsaufwand sind jene, die ein Einkommensobjekt versteuern, indem bei Übertragung (Erwerb) von Vermögens- („Kapitals-“!) Stücken bestimmungsgemäss vom Käufer eine Abgabe gefordert wird. Hierher fällt die Börsen Steuer, nicht in ihrem Kern, aber insoweit sie auch Anlagekäufe unter die Steuer nimmt (von Aktien, Renten- und Schuldverschreibungen mit 2 bis 10 pro Mille), weiters die Steuer von Grundstücksübertragungen, durch welche das Reich neuerdings mit den Einzelstaaten, die solche Besitzwechselsteuern, wenn auch allgemein zu sehr niedrigen Sätzen, seit Alters besassen, in Konkurrenz tritt. Vermöge dieser Besitzwechselgebühr, welche die Reichsfinanzreform von 1909 dem Reiche brachte (⅔% des Werts bei Grundstücksübertragungen, jetzt zunächst bis 31. März 1917) hat sich das Reich auf das Gebiet der Immobiliarverkehrsbesteuerung, das bis dahin den Einzelstaaten vorbehalten war, begeben.

Steuern von der Umwandlung, „Anlage“ von Ersparnissen in Kapital, die sie repräsentiert, trifft diese Abgabenkategorie das Einkommen nicht durch Erhöhung der Warenpreise, aber durch Verminderung seiner Substanz und schlägt dadurch die Brücke zu den Einkommens- und Einkommensergänzungssteuern, die nunmehr zu behandeln sind.

Finanziell kommt unter diesen Steuern hauptsächlich die auf Anlage oder Besitzwechsel von Kapital in Grundstücken in Betracht, die Abgabe von Grundstücksübertragungen erreichte 1912 38.6 (1910 45.2) Millionen.

C) Einkommensergänzungssteuern.

In der Regel gleichfalls unter dem Titel „Verkehrssteuern“, aber mit noch geringerem Rechte, werden die jetzt folgenden Angaben gebucht, bei denen es sich um eine Belastung teils von Gelegenheitseinkommen, teils von ständigen Einkommen, aber besonderer Art, teils um Steuern, die in dem Gelegenheitseinkommen gleichzeitig eine Einkommensverwendung treffen, handelt. Ihre Zuzählung zu den Verkehrssteuern verdanken sie teils der Tatsache, dass sie in Stempelform erhoben werden, teils dem Umstande, dass das bisherige wissenschaftliche System der Steuern für sie keine andere Möglichkeit des Unterbringens hatte. In der Steuerlehre galt und gilt: „Was man nicht deklinieren kann, sieht man als eine Verkehrssteuer an.“

Eine Mittelstellung zwischen Spezialeinkommenssteuer und Aufwandsteuer nehmen zunächst die „Steuern vom Glücksversuch“ ein. Als solche hat ein Teil der Börsensteuer, jener, der auf spekulative Transaktionen, nicht auf Anlagekäufe, fällt, sowie die Steuer von Lotterieloosen, zu gelten. Durch beide Steuern, zumal durch die Börsensteuer will man den aleatorischen Gewinn treffen, jedoch ist bekanntlich der spekulativen Transaktion der Gewinn

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 90. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/106&oldid=- (Version vom 10.9.2021)