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für Kontingentspiritus sind 1.17½ bezw. 1.20 M. Der erstere Satz gilt für die landwirtschaftlichen, der zweite für die gewerblichen Brennereien.

Die neben der eigentlichen Branntweinsteuer erhobene sogen. Betriebsauflage ist eine Mehrbelastung 1. der Gross- gegen die Klein- und 2. der gewerblichen gegen die landwirtschaftliche Brennerei und ist in diesem Sinn ebensowohl eine soziale wie wieder eine agrarpolitische Einrichtung. Sie wird nach einer Skala erhoben, die mit 4 Pfg. pro Liter Alkohol bei einer Jahreserzeugung von nicht über 50 Hl. beginnt und bis 14 Pfg. pro Liter bei 3000 Hl. Erzeugung ansteigt. Die gewerblichen Brennereien haben dann noch weitere 4 Pfg. Steuer pro Liter zu entrichten.

Die Einnahmen aus der Betriebsauflage werden besonders gebucht und in der Hauptsache – seit der Novelle von 1912 fliessen 16 Mill. M. in die Reichskasse – zur Zahlung von Bonifikationen bei der Ausfuhr von Branntwein, sowie bei Verwendung desselben zu gewerblichen Zwecken über die Steuerfreiheit hinaus verwendet. In beiden Fällen wird also eine Prämie gewährt (bei der Ausfuhr mit 18 Mark pro hl., bei der gewerblichen Verwendung mit 9 oder 18 Mark), um diese Art der Verwendung von Spiritus nach Möglichkeit zu steigern und den inneren Markt zu entlasten.

Die Reineinnahme aus der Branntweinsteuer ist aus den in Zusammenhang mit der Würdigung der Matrikularbeiträge entwickelten Gründen politischer Natur nicht für das Reich beansprucht, vielmehr den Einzelstaaten im Masse ihrer Bevölkerung überwiesen.

Die Biersteuer ist keine einheitliche Reichssteuer. Vom Reiche wird das Bier nur im sogenannten Brausteuergebiet, d. h. Norddeutschland mit Hessen, besteuert; dagegen ist in Bayern, Württemberg, Baden und zur Zeit noch in Elsass-Lothringen die Besteuerung des Biers der Landesgesetzgebung vorbehalten. Der Ertrag der Steuer geht hier in die Kassen der Einzelstaaten, dafür haben diese Ausgleichungsbeträge an die Reichskasse zu entrichten.

Erhebungsform der Biersteuer in Nord- und Süddeutschland mit Ausnahme von Elsass-Lothringen ist die Malzsteuer und zwar als Steuer vom Gewicht des verwendeten Malzes. Ihr Satz ist überall gestaffelt im Sinne der Begünstigung der kleineren Betriebe und zwar geht er im norddeutschen Brausteuergebiet von 14, in Bayern von 15 bis 20 Mark pro Doppelzentner Malz, in Württemberg, Baden und (rechnungsweise) Elsass-Lothringen von bezw.14 Mark 30 Pfennigen, 15 und 15 Mark bis 22, 22 und 23 Mark.

Der Ertrag der Biersteuer (einschliesslich Bierzoll) war im deutschen Zollgebiet im Rechnungsjahr 1911/12 nicht weniger als 237 Millionen Mark. Diese 237 Millionen verteilten sich mit 145 Mill. auf das Brausteuergebiet, 56 Mill. auf Bayern, 15 Mill. auf Württemberg, 12 Mill. auf Baden, 8.4 Mill. auf Elsass-Lothringen.

Während die Branntweinsteuer im Betriebsjahr 1911/12 auf den Kopf der deutschen Bevölkerung 3.19 M. erbrachte, wurden aus dem Bier pro Kopf 3.30 M. gezogen.

An Getränkesteuern wird für Rechnung des Reichs noch eine Schaumweinsteuer erhoben. „Stiller“ Wein hat sich bisher der Besteuerung entzogen gegen die Absichten der Reichsregierung infolge regional organisierter Widerstände, so dass also, während Bier und Branntwein, das Getränk auch der Armen, heute im Deutschen Reiche als mit einer ansehnlichen Steuer belegt gelten müssen, von dem Getränk der Wohlhabenden, das der Wein zumal in Norddeutschland ist, bisher nur der Schaumwein unter eine Reichssteuer gebracht erscheint. Der Reichstag hat zweimal, 1893/94 und 1908, den Entwurf eines Weinsteuergesetzes gesehen, beide Male aber, das letzte Mal trotzdem es sich nur um Besteuerung der Flaschenweine handeln sollte, denselben verworfen. Der Schaumwein dagegen ist seit 1902 einer Steuer unterstellt, welche seit 1909 für die (normale) Flasche bei einem Preis derselben bis 4 Mark 1 Mark, bei einem Preis von 4–5 Mark 2 Mark, bei einem Preis der Flasche von über 5 Mark 3 Mark beträgt. Der Ertrag der Schaumweinsteuer war im Rechnungsjahr 1911/12 11.6 Millionen Mark, an Eingangszoll von fremdem Schaumwein wurden in der gleichen Zeit 3.3 Millionen Mark erhoben.

Nächst den Getränkesteuern spielt finanziell die Zuckersteuer die grösste Rolle. Sie wird als Fabrikatsteuer erhoben und beträgt 14 Mark pro Doppelzentner Zucker. Längere Zeit war eine Herabsetzung dieses Satzes auf 10 M. in Aussicht genommen und für einen späteren Zeitpunkt,

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Diverse: Handbuch der Politik – Band 2. Dr. Walther Rothschild, Berlin und Leipzig 1914, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Handbuch_der_Politik_Band_2.pdf/103&oldid=- (Version vom 9.9.2021)