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a. Schild. – Eisen, getrieben, geätzt und vergoldet. Den Mittelteil bilden, von einem getriebenen Früchtekranz umgeben, zwei kniende weibliche Genien mit Palmzweig und Posaune, darüber ein Löwenkopf mit Bandschleifen, unten ein spielender Vogel. Als Schildnabel die Halbfigur der Judith, das Haupt des Holofernes in der Linken, das kurze Krummschwert im Arm. Die Hauptfläche geätzt: breite, fließende Blattranken mit Blüten und Früchten, dazwischen allerhand Getier, Vasen, Stierschädel, Körbe, jugendliche Halbfiguren. Außen getriebene Bordüre im gleichen Stil, mit sitzenden Putten, oben das Wappen Medici-Toskana, umgeben von der Kette des Goldenen Vließes, darüber der Falke und der Herzogshut, weiter schmaler Ätzstreifen mit vergoldeten Kupfernieten, Schnurenrand. – Das Futter schwarzer Samt, Bordüre, Mittelfeld und Fesseln mit Goldfäden gestickt, Schnallen und Nietköpfe Eisen, geätzt. – Die Vergoldung stark abgeputzt; die im Inv. erwähnten Fransen sind nicht mehr erhalten.

Ges. Inventar 1606, S. 917: Ein schönes Rundel, von getriebener arbeit mit golt und Holoferni Historia, gülden Franße, ist vom Hertzoge von Florentz durch Heinrichen von Hagén, anno 87, geschickt worden.

Großherzog von Toscana war 1587 Franz I. (1574–1587); der Schild bildet einen Teil der kostbaren Spende an allerhand Waffenstücken, die der Hofmeister der sächsischen Prinzen als Gesandter am Hofe von Florenz, wo er den Regierungsantritt Christians I, angezeigt hatte, seinem Herrn überbrachte. An künstlerischem Feingefühl in der Raumeinteilung, rhythmischem Fluß der Zeichnung und Kraft der Technik hat der Schild auch unter den zahlreichen verwandten Prunkschilden der Turiner Sammlung nicht seinesgleichen.

b. Helm. – Eisen getrieben und vergoldet. Auf beiden Seiten je ein Doggenhaupt, einen Ring im Maul, das eine, vorn und hinten herabhängende Fruchtgirlande hält; darunter die Halbfigur eines Mädchens, aus breiten Ranken aufwachsend. Der Kamm mit breitem Akanthusdekor, auf dem Augenschirm ein liegender Löwe. Futter roter Atlas, reich mit Gold gestickt, bis in die Wangenklappen. – Der Helm aus einem Stück getrieben, die Wangenklappen dreiteilig; Nieten Eisen und auch Messing.

Inv. Türkenkammer 1683, S. 12: Eine eiserne durchaus verguldete und versilberte Ungarische Sturmhaube, mit erhobenen Löwen Köpfen und andern Figuren getrieben inwendig mit rohten Atlaß gefüttert, und unten mit golde und Silber gesticket, mit eisernen getriebenen ohrlappen.

Der italienische Ursprung des Helmes, dessen Form sich mehr des Morions nähert, ist unverkennbar. Darnach ist er vielleicht Gegenstand folgender Notiz.

Ges. Inventar 1606, S. 911: Ein Spanische Schützenhaube, von getriebener mit goldt und Silber gezierter arbeit, hatt Carl Tetta mit aus Italia bracht ao. 88.

Eine genaue Terminologie der Waffenkunde gab es in jener Zeit nicht; spanische, ungarische und „indianische“ Schützen- oder Sturmhauben, „Casquets“, Sturmhüte, „Helmlin“ u. a. werden vielfach verwechselt; so heißt z. B. im obengenannten Inv. der Türkenkammer 1683 die Sturmhaube von Lucio Piccinino (Tafel 27b) „Spannische Schüzen Haube oder Casquet.“ – Karl von Tettau hat 1588 auch einzelne orientalische Waffen aus Italien mitgebracht. – (FHM. E 218, 219.)

Empfohlene Zitierweise:
Erich Haenel: Kostbare Waffen aus der Dresdner Rüstkammer. Karl W. Hiersemann, Leipzig 1923, Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Haenel_Kostbare_Waffen.pdf/92&oldid=- (Version vom 6.1.2019)